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Jörg Böhme
„Kein Trainer will nur stromlinienförmige Spieler“

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Ex-Schalker: Jörg Böhme wird am Mittwoch 40 Jahre alt
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Als sich Jörg Böhme am Freitag mit Energie Cottbus in Richtung Trainingslager in Belek aufmachte, war für den Ex-Nationalspieler sein runder Geburtstag noch weit weg.

Am heutigen Mittwoch, 22. Januar, wird Böhme 40 Jahre alt. Vor allem Fans des FC Schalke 04 und von Arminia Bielefeld haben den etwas anderen Profi, der 2008 seine aktive Karriere beendete, noch gut in Erinnerung. Schalkes früherer Manager Rudi Assauer hatte den als schwierig gescholtenen Spieler nach dem Abstieg der Ostwestfalen im Jahr 2000 nach Schalke geholt und ihn gerne als „verrückten Hund“ bezeichnet, was Böhme überhaupt nicht stört.

Im Interview mit RevierSport spricht er über „das Wunder von der Lausitz“ und die erfolgreiche Zeit auf Schalke.

Jörg Böhme, wie kam es zum Engagement in Cottbus? Stephan Schmidt (Cheftrainer des FC Energie, Anm. d. Red.) und ich kennen uns schon ein wenig länger. Wir sind in den letzten Jahren stets im Kontakt geblieben und als er beim SC Paderborn, also praktisch bei mir vor der Haustür, Trainer war, haben wir uns immer wieder mal ausgetauscht. Als der Verein nach der Trennung von Uwe Speidel einen neuen Co-Trainer suchte, hat Stephan mich angerufen und ich habe gerne zugesagt. Cottbus ist für mich eine interessante Aufgabe, hier will ich helfen, das scheinbar Unmögliche noch möglich zu machen.

Den Abstieg in die 3. Liga zu vermeiden! Genau, es kann ja nur aufwärts gehen! Uns haben alle schon abgeschrieben, das ist vielleicht das Gute an unserer Situation. Seit ich in Cottbus bin, merke ich, dass die Grundstimmung im Verein und in der Stadt positiv ist. Als Tabellenletzter mit nur 13 Punkten auf dem Konto und angesichts von acht Zählern Rückstand auf den Relegationsplatz wird es natürlich hammerschwer, aber wie sagt man so schön: die Hoffnung stirbt zuletzt.

Falls es mit dem Wunder von Cottbus nicht klappen sollte, würde noch ein Verein aus dem Osten Deutschlands aus der Bundesliga verschwinden. Darüber will ich gar nicht nachdenken, denn wir haben uns noch längst nicht aufgegeben. Im Trainingslager in der Türkei arbeiten wir mit Vollgas daran, die Mannschaft auf ein gutes Level zu bringen. Die Arbeit ist intensiv, macht aber auch unheimlich viel Spaß.

Sie werden am Mittwoch 40. Bleibt Ihr Ehrentag da auf der Strecke? Das ist zwar ein runder Geburtstag und den sollte man normalerweise groß feiern, aber jetzt stehen für mich nun einmal andere Dinge im Vordergrund. Wir sind ja in der Türkei, um zu arbeiten und nicht, um Party zu machen. Da auch noch zwei Spieler im Trainingslager Geburtstag haben, kämen wir aus dem Feiern ja auch gar nicht mehr heraus (lacht).

Haben Sie sich schon mit Ihrer Familie in Cottbus häuslich eingerichtet? Nein, zunächst wohne ich im Hotel und dann werde ich mir eine kleine Wohnung suchen. Da mein Vertrag bis 2015 läuft, bleibt noch genügend Zeit, um zu entscheiden, ob meine Familie hierher kommt oder wir pendeln werden.

Vor Ihrer Unterschrift in Cottbus waren Sie Trainer bei Arminia Bielefeld. Ihr Ex-Klub, für den Sie ja auch lange gespielt haben, ist jetzt ein Konkurrent im Kampf um den Klassenerhalt. Tja, das habe ich mir so auch nicht ausgesucht. Natürlich ist die Arminia nach so vielen Jahren in verschiedenen Funktionen dort noch eine Herzensangelegenheit für mich. In Bielefeld habe ich meine Trainerkarriere begonnen, als mein Sohn in der Jugend gespielt hat. Da habe ich vom Jugendtrainer bis zum Co-Trainer bei der zweiten und dann der ersten Mannschaft ja fast alles gemacht. Es wäre daher schön, wenn wir und die Arminia drin bleiben würden.

Wie kam es dazu, dass Sie zwischenzeitlich auch beim Amateurklub SC Herford tätig waren? Das war vor zwei Jahren. Georg Koch war dort Sportlicher Leiter und ich bin für ein paar Wochen als Trainer eingesprungen. Das war mehr aus Spaß, denn ich wollte natürlich so schnell wie möglich in den Profifußball zurück.

Die zweite richtige Konstante in Ihrer Spielerzeit war Schalke 04, wo Sie vier Jahre gespielt und eine Menge erlebt haben. Haben Sie noch Kontakt zum Verein? Nur noch sporadisch, da sich auf Schalke in den letzten Jahren viel verändert hat, ob auf der Führungsebene oder in der Mannschaft. Clemens Tönnies und Peter Peters sind noch da und mit Horst Heldt habe ich noch bei 1860 München zusammengespielt. Zuletzt war ich in Gelsenkirchen, als ich im Rahmen meiner Ausbildung zum Fußballlehrer bei Huub Stevens im Training hospitiert habe. Das war vor zwei Jahren, „Icke“ Häßler war damals übrigens auch da. Ich verfolge nach wie vor sehr interessiert, was Schalke macht. Man sagt ja nicht umsonst: Einmal Schalke, immer Schalke.

War die Zeit auf Schalke Ihre beste als Fußballer? Es war auf jeden Fall die erfolgreichste und intensivste Zeit. Wir haben zweimal den Pokal geholt und sind fast Meister geworden. Diese letzte Saison im Parkstadion mit diesem tragischen Ende der Vier-Minuten-Meisterschaft werde nicht nur ich nie vergessen, das war schon irre. Dann kam der Umzug in die Arena, in der wir das erste Mal Champions League gespielt haben. Auch in den Jahren danach waren wir immer international dabei, das war für den Verein vorher alles andere als selbstverständlich.

Sie galten immer als schwieriger Spieler. Wie hat es sich mit dem Ruf als ein Enfant terrible des Fußballs gelebt? Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, aber wer einen Blick in meine Spielerstatistik werfen möchte, wird darin finden, dass ich in meiner gesamten Bundesliga-Karriere nur eine Rote Karte kassiert habe – und das bei über 200 Spielen. So schlimm kann es also mit mir nicht gewesen sein. Außerdem wollten die Trainer doch Führungsleute auf dem Platz haben, weil die vorangehen, und nicht nur stromlinienförmige Spieler, die austauschbar sind.

Rudi Assauer hat Sie damals vielleicht genau deshalb nach Schalke geholt, weil Sie kein einfacher Typ waren, oder? Ich denke, dass in erster Linie immer die sportliche Leistung entscheidend ist. Wenn ein Spieler dann gewisse Charaktereigenschaften mitbringt, kann das sicher nicht schaden. Rudi Assauer hatte den Mut, Andy Möller aus Dortmund zu holen und dazu noch Tomasz Hajto aus Duisburg und mich, die mit ihren Vereinen abgestiegen waren. Es hat funktioniert, trotz oder gerade weil die Mischung stimmte.

Heute schickt Schalke einen Bad Boy wie Jermaine Jones weg und Kevin-Prince Boateng ist längst angepasst. Was da bei Schalke intern abläuft, kann ich wirklich nicht beurteilen, aber ich wünsche mir, dass der Verein mit seiner Marschroute Erfolg hat.

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