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Schwenken im Interview
Preis-Aufschlag für Auswärts-Steher

VfL: Finanzvorstand Ansgar Schwenken im Interview
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Finanzvorstand Ansgar Schwenken nimmt im Interview zur aktuellen Situation Stellung und schildert, wie sich die wirtschaftliche Situation in diesen Tagen darstellt.

14 Spiele unbesiegt – elf Siege und drei Remis – sportlich ist der VfL nach schwachem Start wieder auf Aufstiegskurs und hat es an den letzten sieben Spieltagen selbst in der Hand, sein Ziel zu erreichen. Aber wie sieht es wirtschaftlich beim Klub von der Castroper Straße aus? Waren die Bochumer am 30. Juni 2010 erstmals seit Jahrzehnten quasi schuldenfrei, so hat der erneute Abstieg – verbunden mit gravierenden Mindereinnahmen – ein neues Loch in die Kassen gerissen, das wieder einmal verkraftet werden muss. Schwenken kündigt zudem drastische Maßnahmen im Kampf gegen das Abbrennen von Pyrotechnik an.

Ansgar Schwenken, wie geht es dem Klub wirtschaftlich?

Bezogen auf die Zuschauererwartungen liegen wir aufgrund der enttäuschenden Zahlen der Hinrunde nach wie vor deutlich unter dem kalkulierten Schnitt von 14.000 Besuchern. In der Hinrunde ergab sich aus Zuschauereinnahmen ein Minus von 300.000 Euro. Durch den deutlichen Anstieg in der Rückserie haben wir das Minus auf 200.000 Euro reduzieren können. Selbst wenn die letzten drei Partien überdurchschnittlich gut besucht werden, ist dieses Defizit nicht mehr zu kompensieren. So kostet uns die Verlegung des Hertha-Spiels auf Montagabend zum Beispiel 4000 Zuschauer.


Wie stellt sich denn die wirtschaftliche Gesamtsituation dar?

Beim Lizenzierungsverfahren für Liga zwei haben wir ein kalkuliertes Minus von 2,7 Millionen Euro errechnet. Doch schon jetzt ist klar, dass das tatsächliche Minus bei Nichtaufstieg sich auf 3,5 Millionen Euro erhöhen wird.

Was ist die Ursache für diesen Anstieg um 30 Prozent?

Das ist ganz einfach zu erklären. Bei der Lizenzierung gibt man Planzahlen an, aber man kennt die Entwicklung ja nicht genau. In unserem Plan sind wir von einem Nichtaufstieg und Prämien für 50 Punkte ausgegangen. Ein Punkt kostet uns grob gerechnet 50.000 Euro an Prämie. Um aufzusteigen werden selbst 60 Punkte nicht reichen. Zehn Punkte mehr als kalkuliert bedeuten aber rund 500.000 Euro. Momentan wissen wir nicht einmal ob 67 Punkte ausreichen. Dazu kommt, dass der ungewöhnlich harte Winter zu noch nie dagewesenen Energiekosten geführt hat. Die Betreibung von zwei Rasenheizungen schlägt mit ungefähr 100.000 Euro zu Buche. So eine lange und intensive Heizphase hatten wir noch nie. Rechnet man dann noch die 200.000 Euro Mindereinnahmen dazu aus dem Zuschauerbereich, dann ist das erhöhte Defizit ganz plausibel nachzuvollziehen.


Wie steht es mit möglichen Transfereinnahmen?

Das Geld, dass wir für Christian Fuchs bekommen (1,8 Millionen Euro) ist in die Berechnung für diese Spielzeit schon eingeflossen. Die erwartenden Transfereinnahmen bei Stanislav Sestak sind dagegen noch nicht drin. Allerdings ist ja bekannt, dass wir derzeit Probleme haben, das Geld von den Türken zu bekommen. Nach wie vor ist die Leihgebühr für dieses Jahr in Höhe von 500.000 Euro noch nicht geflossen. Wir haben die FIFA eingeschaltet.

Stimmt es, dass der VfL an einem Weitertransfer von Nürnbergs lkay Gündogan und Kaiserslauterns Ivo Ilicevic mitverdienen würde?

Das ist richtig. In der Winterpause waren zum Beispiel Wolfsburg und Bayern München an Ilicevic dran und wir hätten von diesem Wechsel nicht unerheblich partizipiert. Wenn beide im Sommer wechseln, sind wir beteiligt (mit etwa 20 Prozent, Hinweis der Redaktion).

Das Lizenzierungsverfahren ist von Seiten des Klubs abgeschlossen. Wie sehen die Planzahlen aus?

Im Falle eines Aufstiegs planen wir mit einem Etat von 35 Millionen Euro. In der letzten Erstligasaison waren es noch 38,5 Millionen Euro. Aber wir wollen die erhöhten Ausgaben in Liga zwei schnellstmöglich kompensieren.


Wie würde sich der Etat beim Nichtaufstieg entwickeln?

Wir würden ihn von jetzt 25 Millionen Euro auf 22,5 Millionen senken.

Herr Schwenken, während des Gesprächs flattert gerade mal wieder eine Strafe über 6000 Euro ins Haus, weil einige Hitzköpfe immer wieder Feuerwerk und Rauchbomben zünden.

Das macht mich wahnsinnig. Und das erschreckendste daran ist, dass diese Leute rücksichtslos in Kauf nehmen, dass andere Fans gesundheitliche Schäden erleiden können. Außerdem schaden sie in übelster Form dem Ruf des Vereins.

Was kann man dagegen tun?

Es gibt von den Klubs ein St. Pauli-Modell, das gegnerischen Fans erst einmal das Mitbringen von Utensilien in allen Formen erlaubt. Aachen hat das trotz der Warnungen unseres Sicherheitsbeauftragten auch erlaubt. Die Folge war, dass unter vorgehaltenen großen Fahnen erneut Feuerwerk gezündet wurde. Die Folge ist, dass beim nächsten Mal alles verboten wird. Doch das reicht nicht.

Aber irgendwas muss der Verein doch tun um sich zu schützen.

Ja, die Überlegungen gehen dahin, wie wir die Strafen, die vom DFB verhängt werden refinanzieren. Neben den schon fast nicht mehr zu zählenden Geldstrafen hatte der VfL zwei Kurvensperrungen hinzunehmen. Das hatte zur Folge, dass der VfL fast 300.000 Euro Mindereinnahmen hatte. Deshalb denken wir daran, dies weiterzugeben und nachträglich zu refinanzieren. Wichtig aber dabei ist, die Ausgaben möglichst verursachergerecht weiterzugeben. Da sich das Klientel der Übeltäter bei Auswärtsspielen fast ausnahmslos im Stehplatzbereich tummelt, kann ich mir gut vorstellen, von der kommenden Spielzeit an auf Auswärts-Stehplatzkarten einen Aufschlag zu erheben. Eigentlich tut mir das in der Seele weh und widerstrebt mir, weil es sicherlich auch Personen trifft, die damit nichts zu tun haben. Aber vielleicht wird dann alles bewusst, dass es so nicht mehr weiter geht. 350.000 Euro für Feuerwerk auszugeben konnten wir uns und werden wir uns vor allem in Zukunft nicht mehr leisten können.

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