Nach vier Jahren ist die Ära Dunga in Brasiliens Fußball vorbei! Auch Dungas Trainerstab muss mitgehen. Bis Ende Juli will der CBF seinen neuen Coach vorstellen.
Schließlich gilt es, den geeigneten Mann zu finden, der den fünfmaligen Weltmeister im Hinblick auf die Heim-WM 2014 vorbereitet und möglichst zur "Hexa", den sechsten Titelgewinn führt. "Es muss ein unabhängiger Mann sein, sehr erfahren, der Regen und Stürme aushalten kann. Er muss klar definierte Vorstellungen haben, denn an gut gemeinten Ratschlägen fehlt es in Brasilien nicht. Der Druck wird viel größer sein als jetzt, denn eine WM im Ausland zu gewinnen ist viel einfacher, als es zu Hause zu schaffen", sagte Carlos Alberto Parreira, brasilianischer Weltmeistercoach von 1994 und bei der WM in Südafrika für das Gastgeberland verantwortlich.
Für Dunga dürfte die Trennung letztendlich keine Überraschung gewesen sein. Direkt nach dem Viertelfinal-Aus gegen die Niederlande war der 46-Jährige jedoch schon davon ausgegangen, dass seine Dienste nicht mehr gefragt seien. "Man wusste vom Beginn meiner Arbeit an, dass es vier Jahre sein werden", hatte der Weltmeister-Kapitän von 1994 erklärt. Kurz zuvor hatte Dunga bei der Ankunft in Porto Alegre allerdings noch verkündet, dass es in ein, zwei Wochen Gespräche über seine Zukunft gebe. Die Zeichen standen jedoch seit dem Abpfiff der Holland-Begegnung am vergangenen Freitag in Port Elizabeth auf Abschied. Die Suche nach einem Nachfolger wird jedoch nicht leicht werden. Luiz Felipe Scolari, Kandidat Nr. 1, hat bereits angekündigt, dass er bis Ende 2012 seinem neuen Arbeitgeber Palmeiras Sao Paulo treu bleiben will. Erst danach könne sich der Weltmeister-Coach von 2002 vorstellen, eine Mannschaft mit Blick auf die WM-Endrunde 2014 zu übernehmen.
Der ebenfalls gehandelte Mano Menezes von Pokalsieger Corinthians Sao Paulo bekam vorerst von seinem Vereinspräsidenten einen Riegel vorgeschoben. "Mano hat einen Vertrag bis 2011, und es gibt keine Gespräche mit dem CBF", erklärte Klub-Boss Andres Sanchez, der als Delegationsleiter der "Selecao" in Südafrika dabei war.
Dunga war in der brasilianischen Öffentlichkeit umstritten. Statt Ballzauber der brasilianischen Fußball-Künstler gab es Kicken der Marke safety first. Fußball wurde gearbeitet, das "Jogo Bonito", das schöne Spiel, blieb auf der Strecke. Ein wenig erinnerte der Stil der Brasilianer an die Spielweise Dungas. Auch er war als Aktiver kein Fußball-Ästhet, sondern ein -Arbeiter.
Außerdem schottete er die "Selecao" im Vorfeld der WM bei der Vorbereitet total ab - sehr zum Leidwesen der Medien, die ihrer Ansicht nach zu wenig Zugriff auf Kaka und Co. hatten. Dunga hatte bei seinem Amtsantritt 2006 drei große Ziele: den WM-Titel 2010, das Ansehen der "Selecao" in der Öffentlichkeit wieder aufpolieren, und die Spieler wieder zu Patrioten machen, damit sie gerne in der Selecao spielen. [forum]5847,right[/forum] Den Titel musste er sich abschminken, entzaubert von "Oranje" in der zweiten Halbzeit des Viertelfinales, als seine Mannschaft einen 1:0-Vorsprung aus der Hand gab. Punkt zwei und drei erfüllten sich nur zum Teil. Im Gegensatz zu den Medien begrüßte der Großteil der Bevölkerung Dungas Stil, da die hochbezahlten Stars wieder in der "Selecao" arbeiten. Die Spieler hatten die Verhaltens-Vorgaben Dungas voll umgesetzt. Kein unnötiger Kontakt mit der Presse, keine Freunde und Familien im Mannschaftsquartier. In 43 Tagen Klausur gab es diesmal keine Skandale, Discobesuche oder Ähnliches. Durch die Abschottung und da die meisten Asse in Europa spielen, identifiziert sich das brasilianische Volk nicht mehr so recht mit dem Team. Da die Brasilianer keine WM-Quali spielen müssen, kann es gut sein, dass die nächste "Selecao" wieder mehr in der Heimat beschäftigte Spieler berücksichtigt.
In vier Jahren unter Dunga fuhr die "Selecao" 42 Siege bei nur sechs Niederlagen in 60 Spielen ein, gewann die Copa America 2007 sowie den Confed Cup 2009 und wurde Erster der südamerikanischen WM-Qualifikation. Mit der Olympia-Mannschaft holte Dunga Bronze in Peking. Die erhoffte Hexa blieb jedoch ein unerfüllter Traum.