Italien verdiente sich seinen Punktgewinn in einem rassigen Spiel mit viel Leidenschaft - sogar ein Sieg wäre nicht unverdient, jedoch angesichts der spanischen Dominanz nach der Pause doch glücklich gewesen.
Hochkaräter waren in der "Bernstein-Arena" von Danzig phasenweise im Minutentakt zu sehen, auch die Azzurri scheuten nicht den Weg nach vorne und gingen sogar in Führung. Das 1:0 von Antonio Di Natale (61.) mit dessen erstem Ballkontakt hatte allerdings nur drei Minuten Bestand, dann glich Cesc Fàbregas aus (64.). Der Mann vom FC Barcelona war von Nationaltrainer Vicente del Bosque zunächst überraschend als einzige Spitze aufgeboten worden.
Italien erst einmal defensiv
Del Bosque machte es wie damit Joachim Löw: Als der Aufstellungsbogen herumgereicht wurde, suchten die Journalisten vergeblich den vermeintlich gesetzten Stürmer. Es war sogar kein einziger Angreifer zu finden - eben nur Fàbregas, der zumindest in Barcelona ab und an schon mal ganz vorne gespielt hatte. Fernando Torres, von vielen im Sturmzentrum erwartet, saß zunächst nur auf der Bank. Er kam erst nach dem Ausgleich und vergab noch zwei gute Chancen. Der verletzte Torjäger David Villa aber wurde wie auch Abwehrchef Carles Puyol schmerzlich vermisst.
Italien spielte aus Personalnot mit dem gelernten Mittelfeldspieler und 2006er-Weltmeister Daniele de Rossi auf der Innenposition einer Dreierkette. Auch Angreifer Antonio Cassano, der vor sieben Monaten erst am Herzen operiert worden war, stand in der - italienisch defensiv eingestellten - Startelf.
Ein wenig schien Italien anfangs in einer Zwickmühle zu stecken. Der Ball musste dringend von der zuletzt so wackligen Abwehr ferngehalten werden, ohne den Verdacht zu erwecken, ernstlich an druckvollem Offensivspiel interessiert zu sein. Zwar prüfte Andrea Pirlo mal Torhüter Iker Casillas (13.), meist aber war Spanien mit zehn Weltmeistern in Ballbesitz - jedoch nicht am Drücker.
Spanien fällt zu wenig ein
Als auch Cassano noch einen Warnschuss aus spitzem Winkel abgegeben hatte, wurde es den vielen Spaniern in der nicht ganz ausverkauften Arena ein wenig mulmig. Ihr Team kombinierte, passte viel, wechselte auch mal die Positionen, aber vor dem italienischen Strafraum hatten sich bis zu acht Mann postiert, die Schüsse abblockten und Räume zustellten.
Besonders de Rossi, der ein Grätschen-"Warnschild" auf die Wade tätowiert hat, fegte immer wieder dazwischen. Da Fàbregas sich auch noch fallen ließ und nur zeitweise vorn im Zentrum spielte, fehlte den Spaniern häufig der Abnehmer, selten ging ein Spieler mal dynamisch steil. Auf der anderen Seite hatte Thiago Motta den Führungstreffer auf dem Kopf - Casillas reagierte glänzend (45.).
Ein echtes Rezept, die italienische Abwehr zu knacken, zeigten Spaniens Tiki-Taka-Künstler lange nicht auf, trotz einiger guter Gelegenheiten in der zweiten Halbzeit, von denen jedoch auch Italien ein halbes Dutzend besaß. Die wohl beste vor dem 1:0 vergab Mario Balotelli, der mit dem Ball am Fuß allein auf Torhüter Casillas zulief, unerklärlicherweise aber plötzlich zu langsam wurde und es versäumte, überhaupt abzuschließen (53.). Zur Strafe wurde er ausgewechselt.
Wenige Minuten zuvor hatte Andrés Iniesta, Torschütze des spanischen Siegtreffers im WM-Endspiel, das 1:0 auf dem Fuß (50.) gehabt. Der viermalige Welttorhüter Gianluigi Buffon rettete mit den Fingerspitzen. Auf spanischer Seite kam Torres spät und stand Sekunden später alleine vor Buffon, der sehr gut klärte (74.). In der 84. Minute lupfte Torres den Ball über Buffon - aber auch über das Tor.