Respekt statt großer Reden vor dem Prestige- und Pokal-Duell des Jahres: Wer am Montag bei den Pressekonferenzen von Rekordmeister Bayern München uns Double-Gerwinner Borussia Dortmund auf Kampfansagen oder Verbalattacken gewartet hatte, wurde enttäuscht. Thomas Müller verbot sich eine Spitze regelrecht. "Wir wollen zeigen, wer ...", sagte der Nationalspieler vor dem Pokal-Viertelfinale am Mittwoch (20.30 Uhr/Sky und ARD) gegen den BVB und fügte nach einer Kunstpause schmunzelnd hinzu: "Nee, ich liefere keine Überschriften".
Er hätte sagen können, die Bayern wollen zeigen, wer die Nummer eins in Deutschland, wer der Herr im Haus ist. Die Münchner aber sprechen lieber über sich, über ihre Verfassung, ihre Dominanz. "Wir sind top drauf", sagte Müller, und Toni Kroos assistierte: "Wir haben uns gesteigert zur letzten Saison, wir sind ein anderes Team geworden". Wer will da widersprechen.
Sicherlich nicht die Dortmunder, die 17 Punkte hinter dem souveränen Bundeliga-Tabellenführer liegen. Dennoch seien seine Profis hochmotiviert. Es reiche ihnen schon die Gewissheit "dass sie zu den wenigen Mannschaften auf dem Planeten gehören, die die Bayern schlagen können", sagte Trainer Jürgen Klopp. Es sei ihr Auftrag, dieses Spiel zu einer Herausforderung für den designierten Meister zu machen.
"Es ist ein anderer Wettbewerb. Wir haben natürlich Respekt vor so viel Qualität der Bayern. Aber wir kennen das Gefühl, im Endspiel zu stehen. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen", sagte Nationalspieler Ilkay Gündogan.
Klopp präsentierte nur 19 Stunden nach dem enttäuschenden 1:1 in der Liga bei Borussia Mönchengladbach die Marschroute des Cupverteiteidigers: "Das ist für uns wie ein Auswärtsspiel in der Champions League."
Und in der Königsklasse, so der 45-Jährige, seien bisher einige Gegner nicht schlechter gewesen als die Bayern, "hatten einige auch schon mehr Spaß als gegen uns." Von der Statistik, nach der die Borussia seit sechs Begegnungen in der Bundesliga und im DFB-Pokal gegen den Rekordmeister- und pokalsieger ungeschlagen ist, wollen sich die Westfalen nicht blenden lassen. "Wir haben Ambitionen in diesem Wettbewerb, aber wir brauchen eine gute Leistung. Mit 98 Prozent können wir die Bayern nicht schlagen."
Eines gestehen die Münchner sich aber ein. Ohne die Dortmunder wären sie womöglich nicht so stark wie zurzeit. "Es gab nie diesen dauerhaften Konkurrenten", betont Münchens Mittelfeldstratege Kroos: "Unterbewusst macht jeder ein Stück mehr, gerade wenn man zwei Jahre keinen Titel hat. Vielleicht hat uns der BVB dorthin getrieben".
Der Respekt der Bayern vor Schwarz-Gelb sei größer geworden, stellte auch Klopp fest. "Vor drei Jahren musste man noch in den Geschichtsbüchern blättern, um zu sehen, wann man zuletzt gegen die Bayern gewonnen hat", meinte er. Dass die Bayern derzeit überragend spielen würden, stehe außer Frage, aber "deshalb ist das Spiel am Mittwoch jedoch noch nicht entschieden".
Personell müssen die Bayern auf Rotsünder Franck Ribéry verzichten. Dortmund kann auf den in der Bundesliga rotgesperrten Robert Lewandowski und dessen genesenen Landsmann Jakub Blaszczykowski zurückgreifen. Auch einem Einsatz von Nationalspieler Mats Hummels steht nach seiner Oberschenkelprellung nichts im Wege.
Jüngste Äußerungen von Lewandowskis Berater Cezary Kucharski am Sonntag, der Torjäger habe seine Entscheidung bezüglich eines Wechsels am Saisonende bereits getroffen, lassen Klopp kalt. Ebenso die Spekulationen um einen Transfer nach München. "Es ist mir eigentlich egal, was Herr Kucharski zu welchem Zeitpunkt oder in welchen Sendungen sagt. Ich bin über alles informiert, was Robert über Fußball denkt", stellte der BVB-Trainer klar.