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Gündogan: "Ich wollte niemandem schaden"

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Eine WDR-Dokumentation zeigt den Werdegang des sympathischen Fußballers Ilkay Gündogan - und wie er mit seinem wohl größten Fehler abseits des Platzes umgeht.

Wer Ilkay Gündogan schon mal begegnet ist und auch seine Karriere verfolgt hat, kann eigentlich nur positive Dinge von dem 28-Jährigen berichten. Von dem äußerst zuvorkommenden Menschen Ilkay Gündogan, der wie ein Gegenentwurf zu den durch den Profifußball oftmals abgehobenen Hauptdarstellern wirkt. Von dem außergewöhnlichen Sportler Ilkay Gündogan, der so viel Talent mitbringt und sich schon so häufig von schweren Verletzungen zurückgekämpft hat. Und doch wird ein großer Teil der öffentlichen Wahrnehmung dieses hervorragenden Fußballers von einer Episode bestimmt, die sich nicht auf dem Rasen abgespielt hat und die sich wie eine Niederlage in einem Finalspiel angefühlt haben muss.

Trikot mit der Aufschrift: "Meinem Präsidenten"

Unter dem Titel "Made in NRW: Ilkay Gündogan - ein Weltstar" hat der Westdeutsche Rundfunk ein 45-minütiges Portrait ausgestrahlt, in dem natürlich der Werdegang des Ruhrpott-Fußballers dargelegt wird - in dem aber auch das umstrittene Foto einen wichtigen Part einnahm, das kurz vor der WM 2018 entstand und Gündogan gemeinsam mit Mesut Özil beim türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan zeigt. Die beiden türkischstämmigen deutschen Nationalspieler (Özil ist inzwischen ja zurückgetreten) standen dafür arg in der Kritik. "Wir wollten weder jemanden damit unterstützen, noch irgendjemandem damit schaden", sagt Gündogan in dem Film. Özil und er seien "aufgrund unserer Wurzeln kontaktiert worden", zu einer Veranstaltung in London mit Stipendiaten zu kommen. "Wir waren dort, haben eine halbe Stunde Hände geschüttelt, auch die von Erdogan. Dabei sind die Fotos entstanden mit dem Trikot und der Aufschrift: Meinem Präsidenten." Ins Deutsche übersetzt habe dies eine andere Bedeutung als im Türkischen. Gündogan: "Da ist es eine formelle Anrede." Wenn er ein Trikot einem Trainer gegeben hätte, mit dem er nie gearbeitet hätte, hätte darauf auch "Meinem Trainer" gestanden, so Gündogan.

Gündogan: "Man hat mich nicht verstehen wollen"

In dem Portrait kommen viele Wegbegleiter - Familie, Freunde und ehemalige Trainer - zu Wort. Jürgen Klopp, während Gündogans Zeit bei Borussia Dortmund Trainer und jetzt für den FC Liverpool verantwortlich, sagt: "Als ich das Foto gesehen habe, dachte ich: Das hätte nicht passieren dürfen." Allerdings nicht, weil sich Klopp um die politische Denke seines früheren Spielers gesorgt hätte, sondern um die Reaktionen auf diesen Schnappschuss. "Ich kenne Ilkay, ich wusste, dass das nicht politisch ist. Aber das wissen 99,9 Prozent der Leute da draußen, die Ilkay nicht kennen, nicht." Die Folge: In den letzten beiden Vorbereitungsspielen auf die Endrunde in Russland wurde Gündogan, der seit der U17 für Deutschland spielt, weil er "mit deutschen Tugenden aufgewachsen" ist und "die deutsche Fußballausbildung genossen" hat, ausgepfiffen - sogar in Köln vor heimischem Publikum.

Für den Mittelfeldspieler eine schwierige Situation. "Aber ich musste mich dem Thema stellen", sagt Gündogan. Eine Aufarbeitung, indem er "zwei, drei ausgewählten Medien" Interviews gegeben habe, sei auch fehlgeschlagen: "Die wurden dann auch auseinander genommen. Man hat mich nicht verstehen wollen, man wurde an den Pranger gestellt. Das war keine komfortable Situation." Trainer Michael Oenning, unter dem Gündogan in der U19 des VfL Bochum und als Zweitligaprofi dann beim 1. FC Nürnberg spielte, bezeichnet Gündogan als "viel zu sehr instrumentalisiert". Und Klopp hätte Gündogan "gewünscht, einer hätte ihm vorher gesagt: Wenn ihr da hingeht, macht kein Foto. Hat aber keiner."

Ex-Schalker Sané bewundert den Ex-Dortmunder Gündogan

Das ist ein Teil von Ilkay Gündogans Geschichte als Fußballer. Das TV-Portrait zeigt aber auch noch viele weitere Aspekte: seine Jugendzeit in Gelsenkirchen-Heßler zum Beispiel, was ihn in den Jahren geprägt hat ("Er hat die deutsche Kultur in sich, er weiß aber auch, welche Werte er von zu Hause mitbekommen hat", sagt ein Freund über den Enkel türkischer Einwanderer), wie er vom Talent zu einem der besten Spieler der Welt wurde. "In seiner besten Zeit bei Borussia Dortmund hat er fast eine Art Spielstil kreiert", sagt Klopp, der mit Gündogan 2012 das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokalsieg feierte und ihn dann später gerne zum FC Liverpool geholt hätte ("Wir haben Gespräche geführt. Es gibt aber schlimmere Dinge, als dass er Pep Guardiola mir vorgezogen hat, denn er wollte mit diesem Trainer zusammenarbeiten."). "Er hat auf engstem Raum Sachen gemacht, das ist absoluter Wahnsinn."

Und das, obwohl Gündogan mit Kreuzbandrissen und Rückenbeschwerden Verletzungen erlitt, die andere Spieler hätten früher aufhören oder nie wieder auf das Niveau hätten zurückkehren lassen. Leroy Sané, früher beim Revier-Rivalen von Borussia Dortmund, dem FC Schalke 04, aktiv und jetzt Teamkollege beim englischen Meister Manchester City, sagt über Gündogan: "Wenn man den Fußball liebt, will man solche Spieler sehen. Ich bewundere ihn." (ab)

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