41 Jahre lang bin ich Mitglied des VfL Bochum. Ich habe Höhen und Tiefen des Klubs miterlebt – und nachhaltig wirkende Jahreshauptversammlungen. Von der am vergangenen Montag im Audimax werden mir einige Dinge in Erinnerung bleiben.
Zunächst einmal die strahlenden Augen der Frauen und Mädchen, nachdem klar war, dass ihre Zukunft in den blau-weißen Trikots zur Stunde bis auf unbegrenzte Zeit gesichert ist. Darüber kann man sich eigentlich nur freuen – eigentlich. Denn macht man sich frei von den rührenden Bildern, von den Protagonistinnen in Blau und Weiß, von den Luftballons und Transparenten, dann stellt sich die Frage, ob die Entscheidung des Herzens auch eine Entscheidung der Vernunft war.
Die Probleme wurden nicht gelöst, sondern vertagt
Zu Beginn der Versammlung dem Protest, der sich gegen die Abschaffung der Frauenabteilung wehrte, mit einem „faulen“ Kompromiss den Wind aus den Segeln zu nehmen, mag für einen harmonischeren Verlauf gesorgt haben, kontraproduktiv war er allemal. Denn die Probleme wurden nicht gelöst, sondern vertagt. Hier hätte man dem Vorstand gewünscht, dass der Aufsichtsrat mehr Rückgrat zeigt, und nicht beim ersten Gegenwind trotz der prekären Situation aus den Latschen kippt.
Irritierend ist auch das Verhalten von Ex-Oberbürgermeister Ernst-Otto Stüber und Stadtdirektor Gerd Kirchhoff a.D., die trotz ihrer langjährigen Tätigkeit im VfL-Aufsichtsrat für die zwingenden Notwendigkeiten kein Verständnis hatten. Dafür passten sie sich offensichtlich der weit verbreiteten Meinung an, dass Aufwendungen in Höhe von 150.000 Euro für einen Zweitligisten nicht mehr als „Peanuts“ sind. Es gehört schon eine gehörige Portion Ignoranz dazu, angesichts eines Schuldenbergs von 7,5 Millionen Euro, aber so etwas geht einem eigentlich nur dann leicht von den Lippen, wenn man finanziell keine Verantwortung trägt – und schon gar keine Haftung. Vielleicht fällt es Politikern leichter, über das Geld anderer Leute zu verfügen. Zum Beweis könnte unter anderem die verhängte Haushaltssperre der Stadt Bochum herhalten.
So groß und erfreulich die Anteilnahme am Schicksal der Abteilung ist, so wenig nachhaltig ist sie. Nach zweieinhalb Wochen medialer Aufmerksamkeit hat weder eine Partei, noch ein Politiker, noch ein Sponsor und erst recht keiner der 6000 Petitionsunterzeichner einen Cent in die Hand genommen und zur Rettung beigetragen. Der Sturm der Entrüstung wird sich nun legen, die Aufmerksamkeit für die talentierten Frauen und Mädchen wird wieder zum Erliegen kommen, und der Vorstand wird alles daransetzen, seinen ursprünglichen Beschluss in die Tat umzusetzen.