Wohin das Auge auch blickt: Tristesse. Eine Handvoll Zuschauer. Etwas mehr als drei Hände voll Fußballer. Eine Fahne auf Halbmast. Und der graue Himmel über dem Trainingsplatz am Espenloh tut ein Übriges. Immerhin: An diesem Freitagnachmittag nimmt der Fußball bei der SG Wattenscheid 09 einen Teil der Aufmerksamkeit ein. Zumindest immer mal wieder. Der Regionalligist hat das Training in 2019 aufgenommen.
Am Montag, in drei Tagen, läuft die Zeit für [article=402975]die gemeinschaftliche Finanzierung, das so genannte Crowdfunding, ab[/article]. In drei Tagen müssen Spender den Verein retten. Da interessiert den Trainingsgast allenfalls: Welcher Spieler hat den Weg zum Platz überhaupt auf sich genommen? Denn: Sind bis Montag nicht die 350.000 Euro als Spenden zusammenkommen, gehen die Lichter in der Geschäftsstelle am Lohrheidestadion wohl aus, heißt es. Dann droht die Insolvenz. Das endgültige Aus. Warum sollte ein Fußballer also auf Verdacht trainieren?
Einer von ihnen hat bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Innenverteidiger Noah Korczowski hat den Verein verlassen. Der gebürtige Marler, der vor der Saison von der zweiten Mannschaft des 1. FSV Mainz 05 zur Mannschaft von Farat Toku kam, ist auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Eine Information, die diese Zeitung über Umwege erreicht. Bis Montag spricht ja niemand.
Und der Rest des Teams? Gerade einmal 15 Mann laufen zu Trainingsbeginn über den Platz. 21 Spieler umfasst der Kader nach dem Korczowski-Abgang. Noch. Die Laune bei der Trainingsgruppe ist – so scheint es – positiv. Bemerkenswert. Das Trainieren auf Verdacht kann offensichtlich Spaß machen.
Hervenogi Unzola hat sich krankgemeldet – er will am Dienstag wieder mitmachen. Das dringt ebenso durch wie die Nachricht, dass sich Adrian Schneider und Steffen Scharbaum ebenfalls krankgemeldet haben. Sebastian van Santen ist auch nicht da. Knieprobleme, sagt man. Emre Yesilova wiederum fehlt aus privaten Gründen. Torhüter Hendrik Zimmermann stößt einige Minuten nach Trainingsbeginn noch hinzu. Jetzt ist immerhin ein Trainingsspiel möglich. Mit zwei Keepern.
Einige Krankmeldungen
Die Zaungäste interessiert das weniger. Sie schauen zwar zu, sind gedanklich und gesprächsthematisch aber ganz woanders. Ob „der Schnusenberch dat hier wohl hinkricht“, sinniert einer. Dabei ist der [article=405847]frühere Schalke-Präsident Josef Schnusenberg noch gar nicht in den Aufsichtsrat gewählt.[/article]
Macht aber nichts. Es ist ein Signal, dass ein Mann mit einem großen Namen da ist. Und jedes noch so kleine Signal gibt eben Hoffnung. Mehr als der Stand des Spendenkontos (132.000 Euro). Mehr als der trotzig wirkende Einsatz jedes Spielers. Erst recht mehr als die Fahne auf Halbmast.
Autor: Dominik Hamers