Um kurz nach Elf läuteten die Glocken der nahen Dreifaltigkeitskirche, als die Regionalliga-Mannschaft von RWE den Rasen im Stadion Essen betrat. Während in diesem Gotteshaus die Sonntagsmesse abgehalten wurde, absolvierten die Bergeborbecker das Auslaufen nach dem Spiel gegen Rödinghausen (1:2). Dort stieg zumindest sprichwörtlich weißer Rauch auf. Karsten Neitzel ist zwar nicht der neue Papst, aber der neue Trainer von Rot-Weiss Essen.
Vertrag bis 2020
Nach Informationen dieser Redaktion erhält der ehemalige Trainer des VfL Bochum einen Vertrag bis zum 30. Juni 2020. Der gebürtige Dresdener, der zu Saisonbeginn beim Südwest-Regionalligisten SV Elversberg übernahm, musste im März nach einer Serie von fünf sieglosen Spielen seinen Hut bei den Saarländern nehmen. Nun löste er in Elversberg seinen bis zum 30. Juni 2020 gültigen Vertrag auf. Ähnlich wie es sein Auftrag in Elversberg war, soll Neitzel auch Rot-Weiss Essen in der kommenden Saison zu einer Regionalliga-Spitzenmannschaft formen. Dass er das kann, bewies er in der Vergangenheit - allen voran bei Holstein Kiel. Zugunsten von RWE schlug Neitzel nach Infos dieser Redaktion sogar ein Drittliga-Angebot aus.
Bis zum ersten Punktspiel hat der 50-jährige Fußballlehrer gerade einmal drei Tage Zeit zur Vorbereitung. Dann geht es zum Derby gegen den Wuppertaler SV (Mittwoch, 19:30 Uhr). Zuvor wird er noch am Montag im Rahmen einer Pressekonferenz offiziell vorgestellt. "Wir werden uns seriös auf das Spiel vorbereiten. Das Training wird eine gute Mischung aus Regeneration und Inhalten enthalten. Es ist überhaupt keine Frage, dass wir jedes Spiel gewinnen wollen", sagt Neitzel.
Damit dies gelingt, sollen auch die Fans wieder mit ins Boot geholt werden. Die haben sich in den letzten Wochen einen Stimmungsboykott aufgelegt und mit Spruchbändern ("Lösungen finden...") gegen die sportliche Ausbeute protestiert. In Kiel hatte Neitzel damit Erfolg. Den Verein hatte er einst wieder zu einer Einheit geformt und zum Spitzenteam der 3. Liga gemacht. Viele Fans der Störche behaupten heute noch, dass er den Grundstein für die 2. Bundesliga gelegt habe.
Essens Sportdirektor Jürgen Lucas ist überzeugt, mit dem Ex-Profi einen guten Fang gemacht zu haben: "Den Namen Karsten Neitzel hatten wir auch in der Vergangenheit immer auf dem Zettel. Jetzt hat sich endlich die Gelegenheit ergeben, ihn zu verpflichten." Lucas weiter: "Er ist ein akribischer Arbeiter, der sich mit allem, was er hat, seinem Verein verschreibt. Er hat bereits in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass er eine Mannschaft formen, führen und entwickeln kann. Insbesondere mit seiner Vorstellung, Fußball spielen zu lassen und nicht zuletzt mit seiner Emotionalität passt er extrem gut zu Rot-Weiss Essen."
Dass nun ein neuer Trainer gefunden wurde, bedeutet für Lucas jedoch nicht weniger Arbeit. Dieser wird in den kommenden Tagen endlich Vollzugsmeldungen mit Spielern präsentieren wollen. Schließlich muss nun der neue Kader nach den Wünschen Neitzels zusammengestellt werden.
Im sonstigen Trainerteam gab es derweil keine Veränderungen. Wie schon unter Giannikis und dessen Vorgänger Sven Demandt werden weiterhin Carsten Wolters als Assistenz- und Manuel Lenz als Torwarttrainer zur Verfügung stehen. Spätestens im Sommer wird entschieden, ob es auch mit ihnen weitergeht.