Es ist kurz vor elf Uhr an einem ganz normalen Werktag mitten in der Woche. Und doch ist es auf dem Gelände des VfB Hüls in Marl ungewöhnlich voll. In der spätsommerlichen Hitze tummeln sich etwa 600 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern. Dazu kommen noch mal etwa 400 weitere Zuschauer, die sich noch rund um die Getränke- und Würstchenbude tummeln, sich aber so langsam auf ihre Plätze begeben. Alle haben den Weg zu den Tribünen noch nicht gefunden, als durch die Lautsprecher die Einlaufmelodie für die beiden Mannschaften, die sich gleich auf dem Spielfeld messen werden, ertönt. Links vom Schiedsrichtergespann: die U18-Nationalmannschaft von Burkina-Faso, ganz in weiß. Rechts wird das Team um den Unparteiischen von unseren DFB-Jungs auf das Spielfeld begleitet, in mittlerweile gewohntem Auswärts-Rot.
Als die ersten Klänge der Nationalhymne der Gäste erklingt, erhebt sich das Publikum. Dann die deutsche Nationalhymne und die vor allem Kleinsten trällern am lautesten mit. Während die deutschen Kicker ihre Positionen einnehmen, vollführen die afrikanischen Spieler ein Einschwörungs-Ritual: erst das gemeinsame Gebet, dann eine Parole, alles zusammen, Arm in Arm in einem Kreis. Es wirkt schon jetzt, als wären die Kicker von Trainer Rainer Willfeld ein eingeschworeneres Team, als die deutschen Jungs. Auf dem Spielfeld stellt sich recht schnell auch genau das heraus. Ein Kunstschuss von Fadil Sido, der es wert wäre, zum 'Tor des Monats' gewählt zu werden, führt nach einer Viertelstunde zum 1:0. Schade. Kurz vor der Halbzeit gelingt dann aber Kevin Volland der Ausgleich für die "kleinen Adler". Es wird leider das letzte Tor dieses Testspiels bleiben.
Für die vom Verein und vom DFB eingeladenen Schüler wird das Spiel allerdings schnell zur Nebensache. Was interessiert auch ein Fußballmatch, wenn man am Rande viel Aufregenderes erleben kann? Erst noch zögerlich kommen die ersten Kids und tummeln sich tuschelnd und kichernd vor den U-17-Europameistern, die sich das Spiel heute entspannt von der Tribüne aus anschauen. Die ersten vorsichtigen Nachfragen nach Autogrammen lassen nicht lange auf sich warten. Geduldig erfüllen die Spieler jeden Wunsch. Selbst als es einem kleinen Jungen nicht schnell genug geht und er motzt: "Nun gib den Block weiter!", lächeln die Kicker und setzen ihre Unterschrift auf Papier, T-Shirts und sogar nackte Kinderarme.
Schnell spricht sich rum, dass hochkarätige Gäste in Marl sind und die Kindertrauben werden immer größer. Und dann entdecken sie den nächsten prominenten Gast, der sich das Spiel des U18-Nachwuchses anschaut: Matthias Sammer. Doch schnell werden sie zurück gepfiffen: "Nicht den Herrn Sammer stören", tönt es und grummelnd ziehen sich die Kids zurück und suchen nach ihrem nächsten "Opfer". Ja, selbst der Balljunge darf den Stift schwingen und Autogramme geben – niemand scheint sicher vor den begeisterten Kindern.
Nach dem Abpfiff geht dann alles ganz schnell. Die letzten Spieler, deutsche wie afrikanische, werden hier und da um eine Unterschrift gebeten, noch schnell eine Wurst für den Heimweg, dann leert sich das VfB-Gelände. Einige wenige hartnäckige Fußball-Fans warten noch vor dem Tor und sie haben Glück: Herr Sammer erklärt sich bereitwillig, ein Photo mit ihnen zu schießen. Damit geben sich dann auch die letzten Zuschauer zufrieden und es geht wieder nach Hause an diesem ganz und gar nicht normalen Werktag mitten in der Woche.