Cristiano Ronaldo schüttelte völlig gefrustet den Kopf, Bierbecher flogen von den Rängen und laute Pfiffe begleiteten Ralf Rangnick beim Gang in die Katakomben. In der aufgebrachten Stimmung im Old Trafford nach dem Achtelfinal-Aus in der Champions League dürfte auch Rangnick gespürt haben, dass er als Teammanager von Manchester United wohl keine Zukunft über die Saison hinaus hat.
„Wir sind alle sehr enttäuscht, weil wir unbedingt weiterkommen wollten“, sagte der 63-Jährige nach dem 0:1 (0:1) im Rückspiel gegen die Defensivkünstler von Atletico Madrid. Das Hinspiel war 1:1 ausgegangen. Es habe „nicht unbedingt die bessere Mannschaft gewonnen“, meinte Rangnick, wohl aber die, „die das Zerstören und das Zeitschinden beherrscht wie kaum eine andere Mannschaft“.
Dass Rangnick auf die erwartbare Taktik seines Trainerkollegen Diego Simeone keine passende Antwort fand, dürfte seine Chancen auf einen langfristigen Job in der ersten Reihe bei den Devils vollends zunichtegemacht haben. „Das Allererste, was dieser Verein tun muss, um auch nur in die Nähe einer erneuten Meisterschaft zu kommen, ist, einen richtigen Trainer zu finden“, sagte TV-Experte und Manchester-Ikone Paul Scholes bei BT Sport.
Gerüchte um Chelsea-Teammanager Thomas Tuchel, der wegen der Sanktionen gegen Klubbesitzer Roman Abramowitsch womöglich offen für Anfragen sein könnte, machen bereits die Runde.
Er wolle sich zwar „nicht weiter auf Ralf Rangnick einschießen“, betonte Scholes, da dieser „wirklich nett zu sein scheint“ und in Interviews „gut und ehrlich“ rüberkomme. Aber: Die Wahl auf den früheren Erfolgstrainer von RB Leipzig als Interimslösung bei ManUnited sei ein Fehler gewesen, analysierte Scholes.
Rangnick hatte Manchester im Dezember als Nachfolger von Ole Gunnar Solskjaer übernommen, im kommenden Sommer soll er beim Traditionsklub als Berater fungieren. Aber natürlich hatte sich Rangnick Chancen ausgerechnet, Teammanager bleiben zu können.
Er stabilisierte das Team zwar zunächst, doch durchschlagender Erfolg blieb unter ihm aus. United ist nun aus allen Pokalwettbewerben ausgeschieden und muss stark um die erneute Qualifikation zur Königsklasse bangen.
„Für uns geht es jetzt darum, die Saison so gut wie möglich zu Ende zu spielen und möglichst noch Platz vier zu erreichen. Das wird schwer, das wissen wir auch“, sagte Rangnick bei Prime Video und forderte aus den letzten neun Ligaspielen „sechs, vielleicht sieben“ Siege.
Doch realistischer ist, dass Manchester nächste Saison nur in der Europa League, Conference League oder international überhaupt nicht vertreten sein wird. Ob Superstar Ronaldo dann noch Lust auf die Red Devils hat, bleibt abzuwarten. Der frustrierende Abend gegen Atletico, an dem ihm erstmals seit 2011 kein einziger Torschuss in der Champions League gelungen war, dürfte Ronaldo zum Nachdenken bringen.
„Es war sicher kein einfacher Abend für ihn gegen einen so vielbeinig verteidigenden Gegner“, meinte Rangnick, der den destruktiven Spielstil von Atletico vor allem nach dem 1:0 durch Renan Lodi (41.) kritisierte: „Ich weiß nicht, ob das Spiel in der zweiten Halbzeit mal zwei Minuten ununterbrochen lief, ohne dass jemand auf dem Boden lag.“