Für Chelsea, seit 2003 gehört ihm der Klub, soll Abramowitsch sogar mehr als eine Milliarde Euro auf den Tisch gelegt haben. Doch wieder einmal bereitet ihm der Londoner Klub nicht ansatzweise so viel Freude wie das Raketen-Abwehrsystem und die 20 Jet-Skis auf der längsten Mega-Yacht der Welt.
Auch der fest eingeplante Einzug ins Halbfinale der Champions League über die Station Benfica Lissabon am Mittwoch (20.45 Uhr/Sky) könnte den Frust über die verkorkste Saison kaum vertreiben. In der Meisterschaft liegt Chelsea nur auf Rang fünf, die erneute Qualifikation für die Königsklasse in der kommenden Saison ist in akuter Gefahr. Das passt gar nicht zum Selbstverständnis des 12,1 Milliarden Dollar schweren Russen.
Wenn Roman Abramowitsch sich ein neues Spielzeug zulegt, dann muss alles stimmen. Bis ins kleinste Detail. Bis sein Spielzeug das schönste der Welt ist. Was für seine Yacht oder seine Boeing 767 gilt, trifft auch auf den FC Chelsea zu. Doch so einfach und sicher seine Bediensteten die beweglichen Paläste mit sündhaft teuren Gemälden aufhübschen, so schwer fällt es seinen Angestellten aus London, endlich die erwünschte spielerische Dominanz in Europa zu entwickeln. Trotz Superstars wie Fernando Torres, der 2011 für rund 58 Millionen Euro aus Liverpool kam.
"Es ist sein Geld" Also musste Teammanager André Villas-Boas Anfang März gehen, vor der Saison war er erst an die Stamford Bridge gekommen - und war damit der teuerste Trainer der Welt geworden. "Wenn die Dinge nicht richtig laufen, hat er das Recht, die Dinge zu ändern", sagt Mittelfeldspieler John Obi Mikel über Abramowitsch: "Es ist sein Geld." Geld, mit dem Abramowitsch seit fast zehn Jahren in London wedelt, ohne dass der große Traum vom Sieg der Champions League in Erfüllung gegangen wäre.
Der Schweizer Roberto Di Matteo trägt nun als Übergangstrainer dafür Sorge, dass Abramowitschs Traum vom europäischen Triumph zumindest einige Wochen weiterlebt, es droht im Halbfinale ein Duell mit dem FC Barcelona.
Dorthin sollen die Routiniers John Terry und Frank Lampard das Team führen, das mit einem beruhigenden 1:0 aus Lissabon zurückkehrte. "Wir haben uns in eine gute Position gebracht", sagte Di Matteo, allerdings sei die Arbeit erst zu 50 Prozent erledigt.
Nach der Saison könnte dann die Zeit der Altstars ablaufen, denn der neue Trainer darf im Sommer mal wieder "Tage des offenen Portemonnaies" ausnutzen und neue Stars verpflichten. Ein Umbruch des in die Jahre gekommenen Teams ist dringend nötig.
Wer in der kommenden Saison sein Geld verprassen darf, weiß Abramowitsch allerdings noch nicht. Laurent Blanc könnte knapp 10 Millionen Euro pro Jahr verdienen, wenn er seinen Job als französischer Nationaltrainer für den FC Chelsea aufgeben würde. Auch Jürgen Klopp oder Ex-Coach José Mourinho wurden als Kandidaten genannt, winkten aber dankend ab. Das verwundert kaum, denn das scheinbare Fußball-Schlaraffenland wird schnell zu einem ungemütlichem Terrain, wenn kurzfristige Erfolge ausbleiben. Die größte Yacht der Welt kann man kaufen - die beste Fußball-Mannschaft Europas nicht.