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Jörg Berger in Bursa
19 Präsidenten, eine geschlachtete Kuh

Jörg Berger in Bursa: "Die Hölle brach los"
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Bursaspor ist türkischer Meister. "11 Freunde" sprach einst mit Ex-Trainer Jörg Berger über seine Zeit in Bursa – 19 Präsidenten und eine geschlachtete Kuh inklusive.

Ich liebe das Abenteuer und habe schon viel erlebt im Fußballgeschäft. Aber mein Engagement in der Türkei – vor allem sein Ende – war auch für mich eine vollkommen neue, geradezu gespenstische Erfahrung. Bursaspor war über eine Agentur an mich herangetreten. Die Gespräche liefen positiv ab, und ich war durchaus bereit, langfristig dort zu arbeiten. Schon im Vorfeld reiste ich in die Türkei, machte mir ein Bild von den Gegebenheiten und verpflichtete schließlich Martin Spanring, Marc Ziegler und Ion Lupescu.

Meine Familie zog auch nach Bursa, meine Kinder wurden an der internationalen Schule angemeldet. Ich sah diese Anstellung also keineswegs als kleine, lustige Zwischenepisode. Erstmals irritiert war ich jedoch, als man mir mein Gehalt in einer Plastiktüte überreichte. Zudem stellte sich die Erwartungshaltung als extrem hoch heraus– man wollte sofort Titel gewinnen. Das war utopisch. Doch all das wertete ich noch als Symptome einer mir fremden Mentalität. Bursa, eine Dreimillionenstadt, liegt im asiatischen Teil der Türkei, und ich hatte mich im Vorfeld zugegebenermaßen zuwenig mit den dortigen Gepflogenheiten auseinandergesetzt. Aber ich sah darüber fürs Erste hinweg, schließlich waren die äußeren Bedingungen beinah perfekt. Das Trainingsgelände war klasse, auch die Unterbringung genügte höchsten Ansprüchen. Wenn meine Frau in Istanbul landete, wurde sie mit dem Helikopter abgeholt und nach Bursa weitergeflogen. Doch das hörte schon auf, als wir die ersten beiden Spiel verloren hatten. Nun musste sie sechs Stunden mit dem Auto auf die andere Seite des Marmarameers fahren. Das zeigte mir: Wenn man gewinnt, ist alles möglich – wenn man verliert, bricht alles zusammen.

Genauso dachten die 19 Präsidenten, mit denen ich es zu tun hatte. Jeder von ihnen hatte einen Spieler gekauft und wollte, dass der auch spielt. Als ich ihnen erklärte, dass ich höchstens elf spielen lassen könne, nickten sie zwar verständig, blieben aber bei ihrer Forderung. Anfänglich ließ ich gegen ihren Willen noch die deutschen Spieler und Lupescu auflaufen. Die sportliche Entwicklung verlief zwar sachte, stimmte mich aber optimistisch. Die 19 Präsidenten hörten dennoch nicht auf, mir reinzureden. Sie wollten keine stabile Entwicklung – sie wollten Titel. Irgendwann sagte ich zu ihnen: »Jetzt mach ich einmal die Aufstellung so, wie ihr es wollt!« Prompt verloren wir zu Hause 2:5 – und die Hölle brach los. Meine Frau und meine Kinder mussten unter Polizeischutz aus dem Stadion geleitet werden. Es war beängstigend. In der Kabine erwarteten mich schon drei der 19 Präsidenten und redeten auf mich ein: »Das ist zu gefährlich, verlassen Sie besser das Land!« Klar: Sie wollten mich loswerden, ohne mir eine Abfindung zahlen zu müssen. Aber ich bewahrte die Ruhe. »Ich bleibe hier«, sagte ich. »Ich habe einen Vertrag.«

Wenige Stunden später war schon mein Handy tot, am nächsten Morgen fehlte das Nummernschild am Wagen. Das war wie psychologischer Krieg. Aber ich wollte mich nicht davonjagen lassen. Bei der nächsten Unterredung mit den 19 Präsidenten forderte ich auf Anraten meines Anwalts Christoph Schickhardt, dass man mir eine schriftliche Kündigung ausstellen solle. »Warum?«, riefen sie. »Wir sind Ehrenmänner!« Das Gespräch zog sich über Stunden. Dass ich dabei so ruhig blieb, störte einen von ihnen derartig, dass er plötzlich eine Pistole zog und sie auf den Tisch warf. »Das ist die Sprache, die wir sprechen«, schrie er. Mein Co-Trainer Jürgen Raab rückte ganz nah an meine Seite »Jetzt geht ja gar nichts mehr«, dachte ich. Wir entfernten uns und fuhren in mein Haus. Es war verwüstet. Am Abend fuhr auch noch ein Bus mit Randalierern vor. »Berger, verlasse Bursa!«, sangen sie und rüttelten am Zaun. Das war nicht ohne.

Tags darauf war dann ein neuer Trainer da. Der schlachtete erst mal eine Kuh im Mittelkreis. Wir hingegen wurden nicht mehr aufs Vereinsgelände gelassen. Nun war der Punkt erreicht, an dem wir das Land wirklich verließen. Wir fuhren morgens um sechs, schwer bepackt, mit der Fähre nach Istanbul und flogen von dort nach Deutschland. Es war wie auf der Flucht.

Christoph Schickhardt wollte sich noch einmal mit den Offiziellen treffen. Sie hatten ihn in eine Absteige nach Istanbul bestellt – als er die sah, drehte er gleich wieder um. Das folgende Gerichtsverfahren zog sich über fünf Jahre. Erst vor Kurzem rief Schickhardt mich an uns sagte: »Wir haben gewonnen!« Und dennoch: So schnell werde ich nicht wieder Trainer in der Türkei.

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