Und schon wieder wechselt er. Doch, diesmal ganz sicher. Wirklich. Cesc Fàbregas hat dem FC Barcelona eine mündliche Zusage für einen Wechsel im Sommer erteilt, melden spanische Medien. Dann muss es ja stimmen.
Seit Fàbregas 2003 Barca mit gerade 16 Jahren verließ, um beim FC Arsenal in England anzuheuern, verging kein Sommer oder Winter, in dem spanische Zeitungen nicht über seine Rückkehr spekuliert hätten. Er ist das, was Cristiano Ronaldo oder Kaká waren und was auch Franck Ribéry aktuell ist – das ewige Spekulationsobjekt der spanischen Sportgazetten.
Wer als deutscher Leser all die Sensationstranfers studiert, die in Spanien bestimmt bald anstehen, der fragt sich, wie seriös die Zeitungen dort eigentlich arbeiten.
"Fàbregas ist ein ganz gutes Beispiel dafür, wie spanische Medien funktionieren", sagt Ronald Reng, der seit neun Jahren als Sportjournalist aus Spanien berichtet. In Madrid und Barcelona konkurrieren je zwei große Sportzeitungen miteinander, Marca und As in der Hauptstadt sowie Diario Sport und El Mundo Deportivo in Katalonien. Jeden Tag haben sie zwölf bis 20 Seiten über Real bzw. Barca zu füllen, egal was nachrichtlich passiert, und konkurrieren dabei um die beste Schlagzeile. "Anders als in Deutschland verkaufen sich aber nur positive Nachrichten, wie neue Star-Transfers", sagt Reng. An einem ganz normalen Mittwoch in Barcelona sieht das so aus: In Spanien steht ein Pokal-Halbfinale an, Barca spielt aber nicht mit. Also macht El Mundo Deportivo mit Ribéry auf und Diario Sport mit Fàbregas.
Cesc Fabregas
Doch obwohl Diario Sport als das etwas reißerische Blatt gilt, das wie As fast jede Woche 20 Namen in den Ring wirft, scheint an Fàbregas diesmal tatsächlich etwas dran zu sein. "Bei Barca sind bald Präsidentschaftswahlen", berichtet Reng. "Und es ist klar, dass nur der Kandidat gewinnt, der den verlorenen Sohn Cesc zurück holt." Die riesigen Führungsgremien sind ohnehin ein großes Problem der Vereine und ein gefundenes Fressen für die spanischen Sportjournalisten. "In den Präsidien dort sitzen oft 20 potentielle Plaudertaschen", weiß der Korrespondent.
Und wenn kein Präsidiumsmitglied plaudert, dann ein Scout. "Barca scoutet bestimmt 20 Mittelfeldspieler, aber die holen sie natürlich nicht alle", sagt Reng. Dennoch landen die Namen gerne in der Presse. Ein weitere Quelle der wilden spanischen Transfergerüchte sind die so genannten "Intermediarios": Zwischenhändler südeuropäischen Zuschnitts, Berater ohne eigene Spieler. Ihr Geschäft: Sie hören, dass ein Verein einen bestimmten Spielertyp sucht, bieten den Vereinen einen passenden Spieler an und informieren erst dann seinen wirklichen Berater darüber, dass sie ein Angebot von einem Verein hätten. Am späteren Transfer verdienen sie mit.
Um Spieler bei mehr Vereinen ins Gespräch zu bringen und die Preise hochzutreiben, informieren die "Intermediarios" gerne auch die Presse. Nicht ohne Grund: "Die Medien schüren bei Transfers durch ihre Berichterstattung eine ganz eigene Dynamik", sagt Reng. »Teilweise sind sie wirklich gut informiert, teilweise schreiben sie Spieler herbei.« Der Transfer als self-fulfilling prophecy, nach dem Motto: Schreibe ich nur lange genug, dass Ronaldo kommt, dann kommt er auch.
Christoph Metzelder
Aber die Zeitungen mischen auch munter in der Vereinspolitik mit. Als Real Madrid unter dem als beeinflussbar geltenden Präsidenten Ramón Calderón in die sportliche Krise geriet, sahen sich Marca und As genötigt, einzuschreiten; schließlich sinken ihre Auflagen messbar, wenn Real verliert. Marca startete eine Kampagne für Rafael Benítez als neuen Real-Trainer, As forderte Bernd Schuster. Benítez war nicht aus Liverpool loszueisen, Schuster kam und hatte fortan einen schweren Stand bei Marca.
Ähnlich erging es Christoph Metzelder. As meldete seinen Transfer exklusiv, ihre Reporter fuhren nach Dortmund und machten Fotos mit dem Spieler. "Ohne es zu ahnen, war er damit der As-Mann", sagt Reng. In der Marca fielen Metzelders Spielkritiken fortan schlecht bis höhnisch aus. Auch Timo Hildebrand geriet in Valencia im Blätterkrieg zwischen die Fronten: Während ihn die eine Zeitung als neuen Helden feierte, schmähte ihn die Konkurrenz als bösen Buben, der die Vereinsikone Santiago Cañizares vertreiben wolle.
Doch obwohl die Sportzeitungen in erster Linie mit ihrem jeweiligen Lokalrivalen konkurrieren, ist zwischen den Gazetten aus Madrid und Barcelona immer eine Spitze drin. Während Marca zur Zeit eine Kampagne fährt, dass der Fußballverband die Schiedsrichter zugunsten des FC Barcelona ansetzen würde, kontern die katalanischen Zeitungen auf ihre Art. Als Iker Casillas in Madrid einmal mit den Worten zitiert wurde: "Zu 60 Prozent bleibe ich", schrieben sie in Barcelona: "Zu 40 Prozent gehe ich."