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Bernd Schröder
"Turbine ist mein uneheliches Kind"

Potsdam: "Mister Frauenfußball" feiert Jubiläum
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Vor 40 Jahren hat Bernd Schröder Turbine Potsdam gegen viele Widerstände aus der Taufe gehoben und den Klub mit seiner knorrigen Art geprägt wie kein Zweiter.

Und wenn es um Turbine Potsdam geht, wird "Mister Frauenfußball" auch in seiner Ehe zum Schleifer. Als dem Trainer einmal eine neue Kraftübung einfiel, "hat er die gleich bei mir ausprobiert, um zu sehen, wie es funktioniert", sagt Ulrike Schröder.

"Turbine ist mein uneheliches Kind", sagt der 68-Jährige. Geboren wurde es im wahrsten Sinne des Wortes aus einer Schnappsidee heraus. Am Silvesterabend 1971 feierte die Belegschaft der VEB Energieversorgung Potsdam feuchtfröhlich ins neue Jahr, als die weiblichen Mitarbeiter die schwächelnde Betriebs-Fußballmannschaft kritisierten. Die herablassenden Reaktionen der männlichen Belegschaft weckten bei den Frauen den Ehrgeiz, ein eigenes Team zu gründen.

Dass Bernd Schröder hier eine Schlüsselrolle zufiel, war reiner Zufall. Oder anders gesagt: seiner Blase geschuldet. Als sich die "Torbinen" am 3. März 1971 zur Vereinsgründung trafen, besuchte der angehende Ingenieur die zum Klubhaus gehörende Gaststätte und blickte beim Toilettengang neugierig in den Raum voller Frauen. Schnell packten die anwesenden Funktionäre den ehemaligen Leipziger Torwart und überredeten ihn zum Mitmachen.

Champions-League-Triumph war das Highlight

Als erste Amtshandlung rief Schröder in einer Zeitungsanzeige zum Probetraining auf. Etwa 35 Frauen kamen - in Wollpullovern, Strumpfhosen und Röcken. Nur 18 bestanden Schröders Konditionstest mit Hockstrecksprüngen, Klappmessern und Liegestützen. "Bernd Schröder hat mit uns gleich Kondition gemacht. Den Ball haben wir nicht gesehen", erinnert sich Gisela Liedemann, die heute bei Turbine-Heimspielen im Kassenhäuschen sitzt und Eintrittskarten verkauft.

An seiner Vorliebe für Athletik hat sich bei Schröder nichts geändert - und der Erfolg gibt ihm recht. Zu Gründungszeiten belächelt, formte der diplomierte Bergbau-Ingenieur einen der erfolgreichsten europäischen Frauenfußball-Vereine: sechsmal DDR-Meister, viermal gesamtdeutscher Meister, dreimal Pokalsieger, UEFA-Cup-Gewinner 2005, Champions-League-Sieger 2010. "Der Triumph im ersten Jahr der Champions League war das Highlight in den 40 Jahren", sagt Schröder.

Bernd Schröder kann nicht loslassen

Es wäre auch ein guter Zeitpunkt gewesen, in Rente zu gehen. Doch der Klub-Gründervater hat mit seinem "Kind" das gleiche Probleme wie viele Eltern im normalen Leben: Er kann nicht loslassen. Auch im Alter von 68 Jahren steht er Woche für Woche als Trainer an der Seitenlinie. "Es würde längst Schluss sein, wenn wir jemanden gefunden hätten, der nicht zwei Versuche braucht, Turbine weiter in ein vernünftiges Fahrwasser zu steuern", sagt Schröder.

DFB-Präsident Theo Zwanziger freut sich auf weitere Schröder-Jahre bei Turbine. "Ich kann vor seiner Arbeit nur den Hut ziehen. Was dort entstanden ist, ist nicht nur eine sportliche, sondern auch eine sehr beachtliche gesellschaftliche Leistung", sagte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dem SID. Der Frauenfußball-Fan soll auf seinem DFB-Schreibtisch sogar ein Foto von Turbine-Stürmerin Anja Mittag stehen haben.

Schröders direkte und teils schroffe Art kommt nicht bei allen Spielerinnen gut an. Conny Pohlers und Petra Wimbersky zum Beispiel flüchteten mit heftiger Kritik an der Menschenführung des Trainers aus Potsdam. Schröder kontert mit Ironie: "Das sind doch Legenden. Jeder, den ich angeblich schon mal erschossen habe, läuft immer noch über den Trainingsplatz." Er selbst sieht sich sogar als Frauenversteher: "Als Trainer darf man nicht nur die Spielerin sehen, sondern auch die Psyche der Frau, sonst geht es nicht."

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