Diego Maradona war ein gottgleich angehimmeltes Genie, eine Legende, ein Idol an der gefährlichen Grenze zur Tragik - sein Tod trifft die Fußball-Welt ins Herz. Der Weltmeister von 1986 starb am Mittwoch 26 Tage nach seinem 60. Geburtstag und drei Wochen nach einer Hirn-Notoperation an einem Herzinfarkt.
Für Millionen Fans und Experten in aller Welt galt der exzentrische Ballvirtuose als der womöglich beste Fußballer aller Zeiten. Rund um den Globus wird die „Hand Gottes“ unvergessen bleiben.
„Ich habe einen großen Freund verloren, die Welt eine Legende“, schrieb Brasiliens nicht minder verehrtes Idol Pele: „Eines Tages spielen wir hoffentlich gemeinsam Fußball im Himmel.“ Lionel Messi, Maradonas Nachfolger als Weltstar des argentinischen Fußballs, sagte: „Er geht, aber er verlässt uns nicht ganz, denn Diego ist unsterblich. Ruhe in Frieden.“
Maradonas Karriere war außer von großen Erfolgen immer wieder auch von Skandalen und Exzessen geprägt. Ob Steuerprozesse, Alkoholräusche, Kokainsucht, Mafia-Kontakte, Schüsse auf Journalisten oder Dopingvergehen, Lebensgefahr: „El pibe d“oro - der Goldjunge„ wandelte stets auf einem schmalen Grat.
„Der Ball und er kamen zusammen auf die Welt, wie beim Tango. Diego existiert in fast keiner anderen Welt als auf einem Fußballplatz“, beschrieb Argentiniens Fußball-Übervater Cesar Luis Menotti mehrfach Genie und Wahnsinn des vielleicht größten Sohnes des südamerikanischen Landes.
Maradona, der nicht so viele Tore wie Pele geschossen und auch nicht die Anzahl von Trophäen seines kaum weniger genialen Landsmannes Messi gesammelt hat, avancierte denn auch nicht von ungefähr bereits als Profi zur lebenden Legende. Bei den Tifosi seines Ex-Klubs SSC Neapel, den Maradona nach seinem Abschied vom FC Barcelona 1987 und 1990 zu den frenetisch gefeierten ersten Meistertiteln geführt hatte, wird „Dieguito“ wie bei den Fans in Argentinien geradezu als „Heiliger“ vergöttert. 2000 kürte der Weltverband FIFA Maradona, der nach Argentiniens Niederlage im WM-Finale 1990 in Rom gegen Deutschland so bitterlich weinte, zum „Fußballer des Jahrhunderts“.
Seine Laufbahn verlief früh auf der Überholspur - und führte sogar nach Meppen: Nach seinem Rekordwechsel für 7,3 Millionen Dollar von den heimischen Boca Juniors zum spanischen Nobelklub FC Barcelona feierte „D10“ bei einem Testspiel der Katalanen unter ihrem deutschen Erfolgscoach Udo Lattek seine „Barca“-Premiere.
Die ganz großen Titel aber gewann Maradona mit Barcelona nicht, erst in Neapel schien alles zu passen. Außer die beiden „Scudettos“ holte Maradona mit den Süditalienern auch den damaligen UEFA-Pokal an den Fuß des Vesuvs.
Bei der WM-Endrunde 1986 in Mexiko schuf Maradona Fußball-Momente für die Ewigkeit: Im Viertelfinale gegen England (2:1) stupste der kleine Genius in der Luft den Ball mit der „Hand Gottes“ über den herauseilenden Schlussmann Peter Shilton. Sein späterer Sololauf aus der eigenen Hälfte um sechs Engländer herum wurde zum WM-Tor des Jahrhunderts gewählt. Im Endspiel gegen Deutschland (3:2) spielte „Dios (Gott)“ nach einer zunächst erfolgreichen Aufholjagd der Mannschaft von Teamchef Franz Beckenbauer den „tödlichen Pass“ zu Jorge Burruchagas 3:2-Siegtreffer für die „Gauchos“.
Auf der WM-Bühne erlebte Maradona 1994 in den USA auch seinen bittersten Augenblick: Nach dem 2:1-Vorrundenerfolg gegen Nigeria wird in Maradonas Dopingprobe das stimulierende Ephedrin nachgewiesen. Seine vierte und letzte WM endete in der Rolle eines Aussätzigen.
Von dem Schlag erholte sich Maradona nie mehr - sein Niedergang war spätestens damit eingeläutet. Zwar versuchte der begnadete Ballzauberer noch das eine oder andere Comeback und bemühte sich durch Entziehungskuren etwa mit Unterstützung von Kubas Ex-Diktator Fidel Castro auf der Zuckerinsel um eine Ende seiner Drogensucht - sein größter Kampf sollte gleichwohl ein Begleiter für den Rest seines Lebens bleiben. Seine zweijährige Tätigkeit als Nationaltrainer seines Heimatlandes lebte hauptsächlich von seiner Aura, bei der WM 2010 in Südafrika spielte Deutschland im Viertelfinale durch ein demütigendes 4:0 gegen die „Albiceleste“ wieder einmal Schicksal für Maradona.
Der Fußball hat Maradona auf dem Platz viel gegeben, und abseits des Rasens noch mehr genommen - auch familiär. Mit seiner Ex-Frau Claudia und drei weiteren Müttern seiner offiziell fünf Kinder, gar mit dem Nachwuchs selbst lag der Superstar häufig im Clinch.
Sein dramatisches Leben während und nach der schillernden und unvergleichlichen Profi-Karriere war Menottis Ansicht nach der überdimensionierten Heldenverehrung für das Idol geschuldet: „Er hielt sich für unverwundbar, wie ein Gott“, meinte „El Flaco“ im Herbst in einem Sport-Bild-Interview: „Dafür musste er bezahlen - mit seiner Gesundheit.“ sid