Wenn selbst BVB-Idol Jürgen Klopp zum Schalke-„Fan“ wird, weiß man, wie sehr sein bester Kumpel David Wagner derzeit leidet. „Ich hätte nicht gedacht, einmal zu hoffen, dass Schalke Spiele gewinnt“, sagte Klopp bei Sky. „Daran kann man sehr gut ablesen“, meinte Wagner über die moralische Unterstützung des einstigen Dortmunder Meistertrainers, „dass in den letzten Wochen einiges schiefgelaufen ist.“
Klopps Daumendrücken half Schalke-Coach Wagner auch im Auswärtsspiel bei Union Berlin nur bedingt. Die Königsblauen blieben durch das schmeichelhafte 1:1 (1:1) im zwölften Bundesligaspiel in Folge sieglos und stellten damit den Negativ-Vereinsrekord ein. Auch neben dem Platz kriselt es, die Fan-Wut wegen des Härtefall-Antrages und die Trennung von Finanzvorstand Peter Peters sind alarmierende Zeichen.
„Dass wir in diesem Verein derzeit vielfältige Schwierigkeiten haben, ist hinlänglich bekannt“, sagte Wagner. Man wolle aber „nicht nach Entschuldigungen suchen“, sondern „nach Lösungen“. Auf Funktionärsebene bedeutet das: Jochen Schneider (Sport) und Alexander Jobst (Marketing) leiten den Vorstand vorerst alleine, was laut Satzung möglich ist. Beide gelten als klare Befürworter der umstrittenen Ausgliederung, auch deswegen wurden die Fans beim Peters-Rücktritt hellhörig. Dem Chef des DFL-Aufsichtsrats wird zudem ein seit Jahren angespanntes Verhältnis zu Schalke-Boss Clemens Tönnies nachgesagt.
Dies verneinte Schneider zwar, er deutete aber an, dass Peters über die Formulierung („Warum benötigst du das Geld unbedingt jetzt?“) bei der Härtefallregelung, mit der Fans Geld für Eintrittskarten zurückerstattet bekommen, gestolpert sein dürfte: „Da muss man sagen: kapitales Eigentor.“ Der Antrag fiel in Peters Verantwortungsbereich. Auch der riesige Schuldenberg von knapp 200 Millionen Euro soll zum Aus nach 27 Jahren geführt haben.
Angesichts der Unruhe wären sportliche Erfolge noch wichtiger, doch Schalke hat das Siegen verlernt. Auch, weil Wagner aufgrund des Verletzungspechs nur noch ein Rumpfteam zur Verfügung steht. Gegen Union spielte Innenverteidiger Salif Sane auf der ungewohnten Sechser-Position, Rabbi Matondo zum ersten Mal auf der Zehn, Bastian Oczipka half innen in der Viererkette aus.
„Das alles ist aus der Not geboren und zeigt, wie viel Not wir im Moment haben“, sagte Wagner, ehe er wieder betonte, „nach Lösungen“ suchen zu wollen. Vielleicht fragt er vor dem nächsten Spiel am Sonntag (18.00 Uhr/Sky) gegen Bayer Leverkusen bei Klopp um Rat, wie er den alleinigen Negativrekord von dann 13 Spielen ohne Sieg vermeiden kann. Der Kontakt zwischen beiden sei zurzeit „eher mehr, als wenn wir alle in unserem Hamsterrad drin stecken“. Obwohl das eigentlich sehr gut Wagners Situation umschreibt.
Klopp dagegen wartet noch auf den Restart in der Premier League mit dem FC Liverpool - und drückt zum ersten Mal in seinem Leben Schalke die Daumen. sid