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Polytan
Ratternde Maschinen und eine Schere

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Vor den Toren des Ruhrgebiets, nahe der niederländischen Grenze, ist Grün die dominierende Farbe. Auf den Feldern am Niederrhein ohnehin, aber auch, wenn man die von außen weißen Hallen im Grefrather Gewerbegebiet betritt.

Vor den Türen hört man nur ein leichtes, kaum nach außen dringendes Maschinen-Rattern. Das allerdings fast rund um die Uhr, denn die Kunstrasenbranche wächst kontinuierlich. „Wir produzieren ungefähr 400 Plätze im Jahr, die Hälfte davon für den deutschen Markt“, erklärt Friedemann Söll, Polytan-Marketingleiter, während der Führung. Da ist es kein Wunder, „dass die Herstellung in der Hochsaison 24 Stunden am Tag läuft, oft an sieben Tagen in der Woche. Lediglich außerhalb der Saison, im Winter, werden die Anlagen mal abgeschaltet.“fügt Söll hinzu.

Alles aus einer Hand

Die Hallen werden von der Firma Polytex, einer 100%igen Polytan-Tochter, betrieben. 120 der rund 500 Mitarbeiter der Polytan-Gruppe haben hier ihren Arbeitsplatz gefunden. Das Unternehmen, das 1969 als Firl + Schretter Sportstättenbau gegründet wurde, die fast 600 Kilometer vom Firmensitz in Burgheim, Bayern, entfernte Kunstrasenproduktion im Jahr 1994. In den vergangenen 40 Jahren haben rund 45 Mio. Quadratmeter Sportbeläge das Werk verlassen, nicht nur für Fußball und Hockey, sondern auch als Multi-Purpose-Rasen vielseitige Nutzung und als Kunststoffbeläge für Laufbahnen und Mehrzwecksportplätze, ein weiteres wichtiges Standbein von Polytan. Mehrere Millionen Quadratmeter Sportbeläge kommen jedes Jahr hinzu. Ende 2010 wären es somit theoretisch genug, um damit beispielsweise die gesamte Fläche der Stadt Herne mit Polytan-Produkten auszulegen.

Ganz gleich, um welchen Rasentyp es sich handelt: Den gesamten Prozess der Kunstrasenherstellung nimmt Polytan selbst in die Hand – von der Forschung und Entwicklung über Herstellung und Verlegung bis hin zum Service. Das ist in der Branche einzigartig. Die Materialien sind perfekt aufeinander abgestimmt und die unterschiedlichen Rasensysteme je nach Einsatzzweck und Anforderungsprofil für die Kunden maßgeschneidert. Söll: „Der Kunde bekommt bei uns alles aus einer Hand, hat einen Ansprechpartner und erhält den für seine Bedürfnisse idealen Kunstrasen mit hoher Produkt-, Verarbeitungs- und Verlegungsqualität.“

"Wie bei einer Dauerwelle"

Am Anfang besteht der Kunstrasen aus kleinen Polyethylen-Kugeln in weißer, dem Basisrohstoff, und grüner Farbe, dem Compound. Aus schrankgroßen Behältern werden die kleinen Kugeln in den Extruder gesogen, in welchem sie eingeschmolzen und durch Löcher als Garne, die so genannten Filamente, hinaus gepresst werden. Nach einer Kühlung im Wasserbad durchlaufen die Monofilamente auf den rund 50 Meter langen Produktionsstraßen mechanische und thermische Prozesse, in denen sie die wichtigsten Produkteigenschaften mit auf ihren weiteren Weg bekommen. „Dabei geht es um Form und Dicke der Halme, aber auch um Stabilität und Rücksprungverhalten sowie Verschleiß- und UV-Beständigkeit“, erklärt Söll. Für bestimmte Rasentypen werden manche Filamente bei Polytex in einem gesonderten Prozess durch mechanische Bearbeitung und Wärmebehandlung sogar in eine gekräuselte Form gebracht. „Das ist nicht viel anders als bei einer Dauerwelle.“ meint Söll. Am Ende der Filamentproduktion befinden sich auf den knapp zwölf Kilogramm schweren Spulen circa 60 Kilometer Garn. Es dauert rund sieben Stunden bis sie aufgespult sind.

In der Nebenhalle findet das anschließende Tufting statt. Vergleichbar mit „übergroßen Nähmaschinen“ bezeichnet Söll die Maschinen, in denen Matten, der so genannte Rücken, und die Filamente zu einem Rasenteppich zusammengebracht werden. Vier Meter breit ist jede Bahn. Die Länge ist variabel, entspricht später aber in jedem Fall der Breite des Sportplatzes. Wie lange eine Bahn im Einzelfall ist, beschreibt der Auftragszettel am Kopfende, nach dessen Vorgaben die Rasen angefertigt werden. 800 bis 1500 Gramm Garn pro Quadratmeter Rasen werden hier in Schlaufen von hinten durch die Matte gestochen und auf der anderen Seite aufgeschnitten, so dass einzelne Halme entstehen. Bis zu 2 Kilo sind es sogar bei einem Hockeyrasen. Dieser ist zwar kürzer, doch stehen die Garne in weitaus dichteren Abständen zueinander.

Hohe Qualitätsanforderungen

Per Gabelstapler gelangen die Rasen nun wieder in die hintere Halle. Die Bahnen werden dort zusammengenäht und nach Auftrag konfektioniert. Auf der Rückseite bekommen die Bahnen einen Latexüberzug, der in wenigen Minuten aushärtet. Dieser sorgt dafür, dass die künstlichen Halme fest im Rücken verankert werden. Anschließend werden mit heißen Metallnadeln regelmäßige Löcher in den Rasenrücken gebrannt. Söll: „Das Wasser fließt so in die darunter liegende Elastikschicht und direkt in die Drainage. Da kann auch ein Platzregen kommen und das Spiel kann trotzdem weiterlaufen.“

Viel Technik hat der Kunstrasen bis zu diesem Punkt gesehen, da wirkt es fast rührend, wie am Ende des circa einwöchigen Produktionsprozesses der Mensch ins Spiel kommt: Zwei Mitarbeiter mit Zentimetermaß in der Hand patrouillieren über den Rasen, wie auf einem Laufband, und messen Abstand und Länge der Halme. Gelegentlich halten sie es an, knien sich hin und zücken die Schere. Hier geht es aber nicht nur um den Feinschliff, betont Söll „vor Auslieferung an den Kunden findet an dieser Stelle die letzte Qualitätskontrolle statt. Rasen der nicht unseren hohen Qualitätsanforderungen entspricht, wird aussortiert. “

Verpackt in weißen Folien wartet der Rasen nun auf seine Abholung. Von der Rampe an der Hallenrückseite aus geht er in alle Welt. Auf einigen der Fußballrasen werden sich Kreisliga-Teams versuchen, andere Kunstrasen wiederum werden erst in einem Container nach Übersee verschickt. Ob der Fußballrasen nun in Südkorea oder Südafrika bespielt wird, seinen Anfang nahm er in jedem Fall bei Polytan in Grefrath.

Weitere Informationen: www.polytan.de

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