Sie sprachen mit ihm über die Tugenden des Vorstoppers, seinen Kirschlikör "Blutgrätsche" und seine Kandidatur als Bürgermeister.
Helmut Rahner, Sie haben das Fußballspielen in Ihrem Heimatort Weingarts begonnen und später in der B- und A- Jugend des 1. FC Nürnberg gespielt. Ihre erste Station im Profifußball war Blau Weiß 90 Berlin, wohin Sie im Jahr 1990 gewechselt sind. Wie kam der Wechsel zustande?
Helmut Rahner: Blau Weiß 90 hatte zu der Zeit einen fränkischen Mäzen, was zur Folge hatte, dass immer einige Spieler aus Franken oder Bayern in Berlin unter Vertrag standen. Als 18-Jähriger bin ich direkt nach der A-Jugend nach Berlin gegangen. Dort konnte ich in der zweiten Bundesliga spielen, außerdem war die Stadt unmittelbar nach der Wende eine unheimlich interessante Adresse: Da ging für mich natürlich ein Traum in Erfüllung.
Nur ein Jahr später ging der Transfer zu Bayer Uerdingen über die Bühne. Stimmt es, dass Uerdingen Sie seinerzeit nur im Paket zusammen mit Thomas Adler und Alexander Kutschera verpflichten wollte?
Helmut Rahner: Das stimmt: Ich bin damals zusammen mit Adler und Kutschera nach Uerdingen gekommen und war sozusagen die Dreingabe. Thomas Adler galt damals als ausgesprochener Knipser, und auch Alexander Kutschera war schon relativ etabliert. Mein Glück: Uerdingen suchte noch einen Spieler für die linke Mittelfeldseite, bis dahin meine Stammposition. Außerdem verband mich mit Bayer Uerdingen bereits ein sehr einschneidendes Erlebnis: In der B-Jugend verlor ich mit dem Club das Deutsche Pokalendspiel zuhause im Frankenstadion – ausgerechnet gegen Uerdingen mit 0:4.
Wie war Ihr erster Eindruck vom Verein und vom Umfeld?
Rahner (re.) im Duell mit Michael Zorc (Foto: firo).
Helmut Rahner: Damals spielte Uerdingen eine ähnliche Rolle wie heute der VfL Wolfsburg: Durch die Nähe zum Bayer-Konzern war alles sehr gut strukturiert, das Umfeld war äußerst professionell. Auch im Nachhinein muss ich sagen: Der Wechsel nach Uerdingen war für mich wie ein Sechser im Lotto.
Nach dem Bundesligaabstieg im Sommer 1993 schaffte die Mannschaft in der darauffolgenden Saison den direkten Wiederaufstieg. Im Laufe dieser Zeit wurden Sie zu einer festen Größe – obwohl die Konkurrenz groß war. Wie haben Sie es geschafft, sich durchzusetzen?
Helmut Rahner: Obwohl ich vom damaligen Manager Felix Magath quasi als Zugabe verpflichtet wurde, hat Friedhelm Funkel mir von Anfang an eine faire Chance gegeben. Ich gab im Training ordentlich Gas, das sorgte für Respekt bei Trainer und Mitspieler und half mir, zu Einsatzzeiten zu kommen. Tugenden wie Wille, Fleiß, Disziplin und die Überwindung, niemals aufzugeben waren natürlich auch wichtig. Härter trainieren als andere, denn Qualität kommt von quälen. Ich lebte meinen Traum: Fußball, Fußball, Fußball. Außerdem hatte ich schnell verstanden, dass man als junger Spieler den älteren gegenüber, wie beispielsweise den Leitwölfen Peschke, Dreher oder Lässig, einen gewissen Respekt entgegenbringen muss, Koffer tragen gehört dann auch dazu.
Im Herbst 1994 gab es eine ziemliche Hetzkampagne seitens Medien und Gegenspielern gegen Sie. Die »Bild« betitelte Sie unter anderem als »Rambo-Rahner«, Spieler wie Karl-Heinz Riedle oder Giovanne Elber beschwerten sich über Ihre angeblich überharte Gangart. Wie sind Sie persönlich mit dem Ruf eines Treters umgegangen?
Helmut Rahner: Ganz ehrlich: ein größeres Kompliment kann man ja als Abwehrspieler gar nicht bekommen. In den 90er Jahren wurde ja generell noch viel mannorientierter gespielt als heute. Damals hatten die großen Vereine immer zwei bis drei Top-Stars, die man an die Kette legen musste, und jede Mannschaft brauchte Spieler, die diesen Job erledigten. Das ist heute übrigens immer noch so: Mike Franz, Marc van Bommel oder auch Gattuso sind gute Beispiele für solche Spielertypen. Besser, du hast sie in deiner Mannschaft ...