Als Fan des 1. FC Saarbrücken - der Klub ist ein Bundesliga-Gründungsmitglied - kann man fleißig Groundhopper-Punkte sammeln. Mit einem beispiellosen Absturz und einer ungeahnten Wiederaufstehung sorgte der saarländische Fußball-Klub in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen und rauschte einmal kreuz und quer durch die Ligen.
Mit drei Abstiegen in Folge war das Bundesliga-Gründungsmitglied zwischen 2006 und 2008 von der 2. bis in die 5. Liga abgestürzt. Nach zwei Aufstiegen und nun dem Ligarekord von 21 Spielen ohne Niederlage steht es als Drittliga-Spitzenreiter plötzlich sogar vor der Rückkehr in die Zweitklassigkeit.
Bilanz seit 2005: 122 Spieler und neun Trainer!
Gegen 78 verschiedene Gegner sind die Saarländer auf ihrem Weg in die Provinz und zurück seit 2005 in Ligaspielen angetreten. Zum Vergleich: Für die seitdem ohne Unterbrechung im Oberhaus spielenden Klubs ist der FC Augsburg in dieser Saison erst der 25. Der FCS setzte 122 Spieler ein und verbrauchte neun Trainer - eine unglaubliche Bilanz.
Umso unglaublicher, dass die Zukunft plötzlich wieder rosig aussieht. Seit dem 12. März sind die Saarbrücken ungeschlagen, auf den Tabellenvierten haben sie bereits sechs Punkte Vorsprung. Trainer Jürgen Luginger ist von Euphorie aber weit entfernt. "Aufstieg? Das geht mir viel zu schnell", sagt er im SID-Gespräch: "Das schlimmste wäre, wenn wir anfangen würden, zu träumen."
Langfristiges Ziel ist die Bundesliga
Wie bei vielen anderen Traditionsvereinen wachsen auch beim FCS gewöhnlich die Bäume allzu schnell in den Himmel. Doch aus dieser Historie scheint man am Ludwigspark gelernt zu haben. "Langfristig ist es auf jeden Fall das Ziel, wieder in die zweite oder irgendwann sogar die erste Liga zu kommen", sagt Luginger: "Wir wissen aber, dass es keinen Sinn macht, etwas übers Knie zu brechen. Wir müssen erst einmal alles auf eine vernünftige Basis stellen."
Die vielen Auf- und Abstiege in den vergangenen Jahren haben jede Konstanz verhindert. Und von der verbesserten Nachwuchsarbeit konnte der Klub auch nur bedingt profitieren. "Uns werden die Spieler schon aus der U17 weggekauft", erzählt der Trainer. Manche werden auch unnötig vergrault.
Wie Philipp Wollscheid. Dem Innenverteidiger hatte der Klub 2009 nach dem Titel in der fünften Klasse die Reife für die Regionalliga abgesprochen - rund zwei Jahre später ist er Leistungsträger beim 1. FC Nürnberg in der Bundesliga. Legenden über solchen Dilettantismus gibt es im Saarland zuhauf. So hatte Trainer Slobodan Cendic Mitte der 70er-Jahre einen gewissen Michel Platini nach einem Probetraining als "zu schmächtig" nach Hause geschickt.
Selten wurde in Saarbrücken aber so solide, unaufgeregt und nachhaltig gearbeitet wie in den vergangenen Jahren. Nach dem historischen Sturz in die Oberliga - bis 2007 war der FCS immer mindestens drittklassig gewesen - besann man sich im Saarland auf seine Wurzeln. Der frühere Bundesliga-Torhüter Dieter Ferner übernahm das Trainer-Amt und führte den Klub beim bitteren Gang über die Dörfer von Waldalgesheim bis Bad Breisig zu zwei Aufstiegen in Folge. Als er wegen fehlender Lizenz das Amt abgeben musste, holte Harald Ebertz - Vize-Präsident, Macher und ebenfalls früherer FCS-Torwart - in Luginger einen weiteren Saarbrücker Ex-Spieler.
Selbst die unendliche Geschichte um den Stadion-Neubau scheint inzwischen auf ein gutes Ende zuzusteuern. Stadt und Land haben Mittel bewilligt, es läuft die Ausschreibung für eine neue Arena. "Mit dem jetzigen Stadion haben wir keine Chance", erklärt Luginger. Er schaut auf die 2. Liga, wenn auch nur langfristig. "Im Moment habe ich das Gefühl, dass hier alle auf dem Boden bleiben", sagt er.