Fußball ist unberechenbar. Bochum und Bielefeld sind offensivstarke Teams, und am Ende entscheidet ein einziges Tor das West-Duell. Tom Weilandt hat es für den VfL erzielt – und war nicht nur deshalb erneut einer der großen Gewinner des Abends. Vier Aspekte nach dem ersten Bochumer Sieg gegen die Arminia nach zuvor sieben missglückten Versuchen. 1: Der Verwandelte. Der Zwillingsbruder von Tom Weilandt sei echt gut, merkte ein langjähriger VfL-Beobachter nach dem Schlusspfiff mit Augenzwinkern an. Tatsächlich reiben sich viele Bochumer immer noch die Augen: Der Weilandt von 2018/19 ist ein ganz anderer als der Weilandt von 2016/17. Zwischendurch spielte er ein Jahr für den Vorjahres-Dritten Holstein Kiel auf Leihbasis. Gegen Bielefeld gelang dem 26-Jährigen bereits sein vierter Saisontreffer, es war eine exzellente Einzelleistung, die Weilandts Wandlung eindrucksvoll zeigte. Galt der schon immer mit reichlich technischem Potenzial ausgestattete Offensivmann früher als zu weich für den Profifußball, setzte er sich mit Wucht, mit Energie, mit Konsequenz gegen die verdutzten Bielefelder durch. Auch in der Folge glänzte der Torschütze des Abends mit starkem Zweikampfverhalten – wie in den Wochen zuvor ja auch. Gegen Köln saß er beim Saisonstart noch auf der Tribüne, jetzt ist er Stammkraft. Weilandt sagt: „Ich profitiere auch von unserer Spielweise, es läuft. So kann es weitergehen.“ 2: Die Systemfrage. Mit zwei Achtern respektive Zehnern, je nach Situation, probierte es Robin Dutt im 4-1-4-1 gegen Bielefeld, erklärte der Coach hinterher; namentlich Sebastian Maier und Chung-Yong Lee, für die sich Dutt aufgrund ihrer Erfahrung und Ballsicherheit entschieden hatte, erläuterte der Trainer. Druck sollte der VfL auf die zentralen Aufbauspieler der Bielefelder ausüben. Es gelang teils gut. „Wir haben insgesamt strukturierter gespielt als zuletzt“, meinte Dutt.
Der eigene Spielaufbau war schwach
Der eigene Spielaufbau allerdings geriet arg zerrupft, die Lücken zwischen Defensive und Offensive waren oft zu groß. Auch, weil dem diesmal eher schwachen Robert Tesche als einzigem Sechser sein Positions-Partner fehlte. Normalerweise ist das Anthony Losilla, der beim Hamburger SV nach abgesessener Sperre in die Startelf zurückkehren dürfte. Als Alternative hatte sich Vitaly Janelt auf einen Startelf-Einsatz vorbereitet – und wurde enttäuscht. Dutt lobte aber trotz der Nicht-Berücksichtigung auch den 20-Jährigen. „Vitaly hat in Heidenheim und im Training ein deutliches Zeichen gesetzt und sich nach vorne gearbeitet. Dass ich ihn in Unterzahl in Heidenheim eingewechselt habe, zeigt meine Wertschätzung.“ Auch gegen Bielefeld wurde Janelt eingewechselt. Er kam in Minute 67 für Maier und sorgte mit dafür, dass der VfL in der letzten Viertelstunde stabiler stand als in der Drangphase der Arminia zuvor. „Vielleicht“, so Robin Dutt nach dem Sieg, „hätte ich ihn auch etwas eher bringen können.“
3: Die Entlastung. Insbesondere der laufstarke Chung-Yong Lee war an der lange Zeit nur erhofften Entlastung in der Schlussphase maßgeblich beteiligt. Der ballgewandte Südkoreaner überzeugte mit klugem Stellungsspiel, Antizipation, Ruhe. Was noch fehlte, war ein Stück Bindung zu seinen Kollegen wie Robbie Kruse, dessen Sprints auch mangels passender Zuspiele, wie sie in der Vorsaison von Kevin Stöger kamen, oft ins Leere liefen. Lees noch fehlender finaler Pass und sein schwacher Torabschluss in Minute 84 täuschen nicht darüber hinweg, dass sich der VfL mit dem 30-Jährigen gut verstärkt hat.
4: Der Ausblick. „Wir brauchen jetzt auch die Länderspielpause, um die Verletzten und Angeschlagenen aufzupeppeln“, sagte Robin Dutt. Am Sonntag in einer Woche geht es zum Tabellendritten Hamburger SV. Anthony Losilla kann dann wieder spielen, vielleicht kehren auch Danilo Soares und Maxim Leitsch in die Viererkette zurück. Sebastian Maier, der nach seiner Leistenproblematik vor dem Bielefeld-Spiel nur zweimal mit der Mannschaft trainiert hatte, sollte einen Schritt weiter sein. Man darf gespannt sein, auf wen Trainer Dutt dann in der offensiven Dreierreihe setzt, sofern er zu seinem bisherigen 4-2-3-1 zurückkehrt – mit Losilla und Robert Tesche, dem eine Pause sicherlich auch gut tut. Auf Tom Weilandt wird Dutt sicher nicht verzichten.
Autor: Ralf Ritter