Die in Seenot geratene Hansa-Kogge funkt SOS und sucht einen neuen Steuermann: Der krisengeschüttelte Zweitligist Hansa Rostock hat am Montag mit sofortiger Wirkung Dirk Grabow von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender entbunden. Der bisherige Klubchef wird allerdings weiterhin dem Vorstand angehören und dort für die Finanzen zuständig sein. Die Position des Vorstandsbosses übernimmt kommissarisch Marketingchef Jörg Hempel - jedoch nur bis zum Saisonende, danach soll ein neuer starker Mann das Ruder übernehmen. "Es ist eine kritische Situation für den Verein. In gemeinsamen Gesprächen sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass Dirk Grabow sein Amt ruhen lassen wird und Jörg Hempel kommissarisch bis Saisonende als Vorstandsvorsitzender fungiert", sagte Hansas Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Ulrich Gienke nach einer mehrstündigen Krisensitzung. Der Verein brauche in dieser schwierigen Situation Führungsqualitäten, die habe Hempel bewiesen. Gleichzeitig sprach der Aufsichtsrat des ehemaligen Bundesligisten der sportlichen Leitung um Trainer Thomas Finck und Manager Rene Rydlewicz das Vertrauen aus - ebenfalls nur bis zum Saisonende. Im Sommer werde die Situation neu beleuchtet, hieß es. Möglicherweise wird dann auch der ehemalige Kapitän Stefan Beinlich mit ins Boot geholt. Der frühere Nationalspieler hatte zuletzt mehrfach seine Hilfe angeboten, sich aber auch mit Grabow überworfen. Nun scheint der Weg für das Hansa-Idol frei.
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"Das könnte durchaus so sein. Ich habe einen ganz guten Draht zu Jörg Hempel. Es geht mir um den Verein. Ich bin jederzeit zu Gesprächen bereit", sagte Beinlich dem SID. Der 38-Jährige schließt aber aus, den Posten des Klubchefs zu übernehmen. Stattdessen könnte Beinlich in den nächsten Wochen Hempel beraten und mittelfristig Verantwortung im sportlichen Bereich tragen.
"Ich freue mich, dass Paule Beinlich seine Hilfe angeboten hat. Wir müssen jedes Potenzial nutzen, aber ohne ein Schattenkabinett zu bilden", erklärte der neue Klubchef Hempel. Hansa hat als Tabellen-15. der 2. Liga mit 25 Punkten zwei Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz. In diesem Jahr ist die Mannschaft von Trainer Finck, der erst vor zwei Wochen den entlassenen Andreas Zachhuber beerbte, in acht Spielen noch ohne Sieg. Dabei erzielten die Hanseaten nur zwei Tore. Nach dem bitteren 0:1 gegen Rot Weiss Ahlen am vergangenen Freitag entlud sich bei einem Teil der Fans der angestaute Frust: Rund 200 Rostocker Anhänger randalierten vor dem Ostseestadion und versuchten, die Türen zum VIP-Bereich aufzubrechen und von außen ins Stadion einzudringen. Die Polizei und das Ordnungsamt mussten einschreiten. Erst nachdem Rydlewicz und Hempel mit den aufgebrachten Fans diskutiert hatten, beruhigten sich die Gemüter. Verletzt wurde glücklicherweise niemand.
Grabow hatte sich am Freitag nicht den Fans gestellt - ein weiterer Kritikpunkt. Unter dem ehemaligen Hansa-Spieler, der im Juli 2006 den Chefposten von Manfred Wimmer übernommen hatte, gab es in den vergangenen eineinhalb Jahren drei Trainerwechsel. Zudem wird der Schuldenberg der Rostocker am Ende der Saison wohl um weitere zwei Millionen Euro auf insgesamt rund neun Millionen Euro angestiegen sein.