Köhler war bereits seit dem Vormittag im Revier unterwegs. Eine Schiffsfahrt durch den Duisburg Hafen, ein Mittagessen im Essener Colosseum-Theater und ein Besuch des Energiehandelsraums des Stromversorgers RWE hatten zuvor auf dem Programm gestanden. Nach dem Rundgang durch das modernste Stadion Europas ging es noch ins Schloss Horst, wohin NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zu einem weiteren Empfang lud.
Auf Schalke kam Köhler zunächst fast eine Dreiviertelstunde zu spät. Um 17.11 Uhr statt um halb fünf fuhr Köhlers Entourage vor. Der Staatsmann wurde bei seiner Informations- und Begegnungsreise mit den Missionschefs des Diplomatischen Korps und der Internationalen Organisationen von 200 Gästen aus der ganzen Welt begleitet.
Hoher Besuch auf Schalke: Bundespräsident Horst Köhler mit den S04-Profis Levan Kenia, Halil Altintop, Kevin Kuranyi und Ivan Rakitic sowie S04-Teammanager Felix Magath (Foto: firo).
Von Gelsenkirchen und Schalke hatten sie vorher sicher noch nie etwas gehört. Dass sie im königsblauen Fußballtempel dennoch von den sie empfangenen Kids aus der S04-Nachwuchsabteilung mit blau-weißen Schals geschmückt wurden, gehört hier zum guten Selbstverständnis.
Von den S04-Profis waren Kevin Kuranyi, Gerald Asamoah, Halil Altintop, Ivan Rakitic und Levan Kenia abkommandiert worden. Die Spieler hatten sich in schicke Anzüge gezwängt und bereiteten Köhler einen warmen Empfang. Vielleicht hätte einer von ihnen oder wenigstens der eloquente Felix Magath die Rede zur Begrüßung des Bundespräsidenten halten sollen. Denn diesen Part übernahm, seinem Amt gemäß, Josef Schnusenberg.
Schalke-Präsident Josef Schnusenberg, hier mit Vorstandskollege Peter Peters, braucht dringend einen Ghostredner (Foto: firo).
Der Schalker Präsident, inzwischen seinen Aufgaben als Finanzbuchhalter des Vereins entbunden und nur noch für repräsentative Aufgaben zuständig, hielt nämlich eine seiner gefürchtet grausam-schlechten Reden. Schnusenberg ist kein Entertainer, das muss er auch nicht sein. Vor einem hohen Gast wie Köhler aber seine Begrüßung ohne jegliche Betonung komplett von einem Zettel abzulesen und sich dabei noch mehrfach zu verhaspeln, ist einfach nur peinlich.
In der Zwischenzeit hatten sich einige Diplomaten auf den kuscheligen Sofas im Foyer der Arena lang gemacht und drohten wegzunicken, doch nach zehn Minuten war die Blamage des Hausherren zum Glück vorbei. Immerhin hatte Schnusenberg „Kaiser“ Franz Beckenbauer korrekt zitiert, der einst richtig festgestellt hatte, „das Herz des deutschen Fußballs schlägt im Ruhrgebiet“.
Das war es auch fast schon mit dem offiziellen Teil. Köhler trug sich noch ins Gästebuch der Arena ein, dann ging es zum Kaffee trinken in den noblen „Glückauf-Club“. Auf dem Balkon der Gegengeraden beobachte Köhler im angeregten Plausch mit Tönnies und Magath aus gut 70 Metern Entfernung ein Showtraining der Schalker U9-Kids auf dem blanken Beton des Stadions. Die Rasenschublade lag noch draußen vor der Südkurve, er wird erst am Donnerstag für das Spiel am Freitag gegen Eintracht Frankfurt in die Schüssel gefahren.
Die ganze Veranstaltung hatte übrigens unter dem Motto der Integration gestanden. Davon war auf Schalke nichts zu sehen. Wie die VIPs in den Logen vom Nordkurven-Stehvolk wurden auch Köhler, Erzbischof Dr. Jean Claude Perissel und die 200 Diplomaten von den kleinen Fußball-Demonstranten getrennt. Es hätte sicher nicht zu viel Organisation bedurft, hätte Köhler zumindest den Anstoß für einen kleinen Kick der S04-Kids auf einem kleinen Eck Kunstrasen ausgeführt.
So war es leider nur eine verpasste Chance auf einen großen Tag auf Schalke - ganz ohne Geldsorgen!