Als Vorsitzender der BVB-Fanabteilung kennt Vollmann das Problem. Und glaubt gerade deshalb nicht daran, dass sich die angesprochene Zielgruppe durch das Unter-die-Nase-halten von Verhaltensregeln in ihrem Handeln beeinflussen lässt. Im Interview mit RevierSport äußert der Diplom-Ingenieur seine Verwunderung über den Alleingang des DFB und der Deutschen Bahn.
Herr Vollmann, auf den Handzetteln, die der DFB und die Deutsche Bahn zukünftig in den Zügen verteilen wollen, werden die Fans aufgefordert, sich verantwortungsbewusst und fair zu verhalten. Was halten Sie davon?
Die Aktion ist ja prinzipiell vernünftig und notwendig. Auch wir mussten seit geraumer Zeit feststellen, dass es bei Spielen des BVB - wie bei anderen Vereinen auch- vor und nach den Partien abseits des Stadions immer wieder zu Sachbeschädigungen kam. Gerade auch in den Zügen der Deutschen Bahn. Dem Einhalt zu gebieten, und dabei an die Vernunft der Fans zu appellieren, ist ja grundsätzlich der richtige Weg. Aber ob das zum Erfolg führt, wenn der liebe Onkel der Deutschen Bahn in den proppevollen Entlastungszug steigt, und unter den vielleicht schon leicht alkoholisierten Fans Handzettel verteilt, das wage ich doch stark zu bezweifeln. In der Ausführung sehe ich hier deshalb noch erhebliches Optimierungspotenzial.
Der Ehrencodex umfasst neun Punkte, unter anderem die Bitte um Rücksicht für Mitreisende und die Aufforderung, Verschmutzungen und Beschädigungen zu vermeiden!
Ich halte es für schwierig, den Fans einen Ehrencodex von Außen aufdiktieren zu wollen. Ich glaube, dass funktioniert nicht. In diesem Zusammenhang vermisse ich deshalb das Einbinden der Fachleute vor Ort. Wir müssen hier nämlich drei Dinge unterscheiden: fahrplanmäßige Züge, Sonder- und Entlastungszüge. Bei eingesetzten Sonderzügen hat der Ausrichter, in der Regel also die Fanorganisation, das Risiko zu tragen.
Was tut die BVB-Fanabteilung in diesen Fällen?
Wir setzen in unseren Sonderzügen Fanordner und einen professionellen Sicherheitsdienst ein. Beschädigungen bleiben auch da manchmal nicht aus, was aber nichts mit Vandalismus zu tun hat. Aber das größere Problem besteht in den fahrplanmäßigen Zügen und vor allem in den schlechter zu kontrollierenden und meist ziemlich überfüllten Entlastungszügen, die von der Bahn eingesetzt werden. Entlastungszüge sind aber üblicherweise Regionalzüge, bzw. werden für Spiele innerhalb einer gewissen Region eingesetzt. So wird es beispielsweise kaum einen Entlastungszug von Hamburg nach München geben.
Was ist die Konsequenz daraus?
In den meisten Fällen werden Fans innerhalb einer Region transportiert, was auch eine auf die entsprechende Gegend bezogene Ansprache sinnvoll machen würde. Deshalb ist es schade, dass die Deutsche Bahn und der DFB nicht auf die Hilfe und die Erfahrungen der Fanorganisationen zurückgegriffen haben. Ich hätte mir ehrlich gesagt gewünscht, dass wir bei dieser Sache mit im Boot gewesen wären oder man zumindest mal bei uns nachgefragt hätte, ob wir vielleicht auch eine Idee dazu haben.
Wie könnte es der DFB aus Ihrer Sicht besser machen?
Wir haben in Dortmund mit großem Erfolg im vergangenen Frühjahr mit dem örtlichen Verkehrsbetrieb DSW 21 zu dem selben Problemfeld unter dem Motto „Randalierer stehen im Abseits“ eine gemeinsame Aktion mit dem BVB und den Verkehrsbetrieben durchgeführt. Seitdem sind die Pöbeleien und Sachbeschädigungen in den Bussen und Bahnen erheblich reduziert worden.
Wie ist das geschehen?
Auf Postern, Postkarten und Präsentationstafeln haben BVB-Profis sowie eine Stadtbahnfahrerin gemeinsam mit Fans Randalierern symbolisch die Rote Karte gezeigt. Es ist uns gelungen zu verdeutlichen, dass unsere öffentlichen Verkehrsmittel genauso zu unserer Stadt gehören, wie unser Verein und wir Anhänger. Das hielte ich auch bundesweit für einen guten Ansatz, beispielsweise unter Einbindung einer übergeordneten Fanorganisation wie „Unsere Kurve“, die Herrn Spahn vom DFB ja sehr gut bekannt ist, oder in dem man beispielsweise versucht, die Geschichte auf die einzelnen Regionen herunter zu brechen und die in der jeweiligen Region ansässigen Fanorganisationen einbindet.
Wie bewerten Sie im Zusammenhang mit den Bemühungen der Bahn und des DFB, das Derby gegen Schalke in drei Wochen zunächst auf einen Sonntag und dann auf den Samstag zurückzuverlegen?
Das ist schwierig in einen gemeinsamen Kontext zu rücken. Fakt ist, dass im Hinblick auf die stete Brisanz eines Derbys der Samstag mit Anstoßzeit 15:30 Uhr die bevorzugte Variante von Polizei und beiden Vereinen gewesen ist. Wenn die DFL es schon nicht hinbekommt, bei der Erstellung des Rahmenterminplans abzuprüfen, ob in Dortmund am designierten Derbywochenende zwei weitere Großveranstaltungen laufen, dann sollte man sich bei der exakten Terminierung eines sogenannten Sicherheitsspiels doch zumindest an den Empfehlungen von Ordnungshütern, BVB und dem Verein aus der Nachbarstadt orientieren. Nun, letztlich hat man das dann ja auch getan.