Kein anderer Spieler polarisiert so wie Torwart Manuel Riemann beim VfL Bochum. Schon viele Mal war der Keeper der Retter aufseiten der Westfalen im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga, dann gab es aber wieder Spiele, in denen der 34-Jährige patzte. Gerade die laufende Saison glich für Riemann einer Achterbahnfahrt.
Am vergangenen Sonntag geriet der Schlussmann mit einem VfL-Fan aneinander, kletterte nach dem Abpfiff beim 2:3 gegen den VfB Stuttgart auf die Tribüne und lieferte sich mit dem Anhänger Stirn an Stirn ein heftiges Wortgefecht. Bochumer Mitspieler und Offizielle versuchten, ihn zu bremsen. Offensichtlich waren der VfL-Profi und seine Familie beleidigt worden.
„Wir müssen uns nicht persönlich beleidigen lassen. Wir brauchen keine Gewalt, auch keine verbale Gewalt. Das hat hier nichts verloren“, meinte VfL-Trainer Thomas Letsch und verteidigte seinen Schützling. Am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) bei Union Berlin steht Riemann wieder im Blickpunkt.
Rene Paasch (49), Sportpsychologe und Professor an der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport in Unna, hat den Vorfall von Ostersonntag untersucht und beleuchtet. Er spricht in der WAZ von einer „doppelten emotionalen Wirkung“: „Riemann war nach einer Niederlage und eigenen Fehlern im Spiel unzufrieden. Dann war da dieser Fan, der, wie wir jetzt wissen, nicht zum ersten Mal auffällig geworden ist und ihn nicht nur beleidigt, sondern seinem Sohn den Tod wünscht. Da ist ganz klar eine Grenze überschritten.“
Natürlich hätte der Torhüter anders reagieren können, aber die Emotionen spielen gerade in der Endphase einer Saison so manchem Spieler einen Streich. Riemann ist keine Ausnahme. „Vielleicht ist auch mal gut, dass das Signal in die Kurve kommt, dass man nicht bereit ist, alles zu akzeptieren“, betonte der renommierte Fanforscher Gunter A. Pilz (78) in der WAZ.
Aber wie kann eine Wiederholung solcher Vorkommnisse tunlichst vermieden werden? Es geht wohl nur im Austausch von Spielern, Fans und Klub-Verantwortlichen.
Paasch kann sich eine „Kommunikationsplattform“ vorstellen. Dabei sollen Kicker und Trainer den Austausch suchen und möglicherweise herausfinden, ob auch andere im Team Ähnliches erleben oder erlebt haben. Paasch: „Nur so kann präventiv gearbeitet, können die Spieler vorbereitet werden.“
Der VfL hatte nach dem Eklat am Ostersonntag in einer Mitteilung an die Fans appelliert: „Es geht nur gemeinsam!“ Der Klub bekenne „sich zu seinen Werten, die im Leitbild verankert sind. Dazu zählen respektvoller Umgang miteinander, und dass man in guten wie in schlechten Phasen zueinander steht. Toleranz und Fair Play sind wesentliche Elemente unseres blau-weißen Miteinanders“.