Marco Rose ließ zum Ende einer für Borussia Dortmund und auch ihn persönlich frustrierenden Woche einen kurzen, aber tiefen Blick in sein Innerstes zu. „Heute haben ein paar Fans hier 'Rose raus' gerufen. Das ist keine angenehme Situation für einen Fußball-Trainer“, sagte der 45-Jährige nach dem ärgerlichen und auch unnötigen 1:1 beim abstiegsgefährdeten FC Augsburg. Schnell fügte Rose hinzu: „Aber ich kann die Situation ganz anständig einschätzen.“
Schnell weg. Der BVB-Tross hatte es am Sonntagabend nach dem Schlusspfiff eilig. Das Flugzeug nach Dortmund wartete. Vorher aber musste sich Rose nach weiteren eingebüßten Punkten auf den enteilten FC Bayern München in der Fußball-Bundesliga auch einer unangenehmen Frage stellen. Etwa der, ob es für ihn irgendwann eng werden könnte und ob er noch die Rückendeckung der BVB-Bosse spüre. „Wenn ich auf die Frage antworte, gebe ich schon wieder Material“, entgegnete Rose.
Der im vergangenen Sommer für fünf Millionen Euro in Mönchengladbach ausgelöste Rose weiß aus seiner Zeit bei der anderen Borussia nur zu gut, wie schnell sich eine Trainerdebatte verselbstständigen kann. In Augsburg verwies er darum demonstrativ auf seinen gerade wertvollsten Leistungsnachweis. „Wir sind alle sehr, sehr enttäuscht über unser Abschneiden in jedem Pokalwettbewerb. In der Bundesliga sind wir Tabellenzweiter“, sagte Rose. Die Champions-League-Qualifikation, sie könnte auch die BVB-Bosse am Saisonende versöhnlich stimmen.
Rose konnte ansonsten nur den Konjunktiv bemühen, was nie hilfreich ist im professionellen Fußball. „Wenn wir irgendwo - Champions League, DFB-Pokal oder in der Europa League - die nächste Runde erreicht hätten, würden wir vielleicht über andere Dinge reden“, argumentierte er in der Pressekonferenz. Fakt aber ist: raus in der Champions-League-Vorrunde, Pokal-Aus gegen einen Zweitligisten und oben drauf am vergangenen Donnerstag der direkte K.o. in der Europa League gegen die international zweitklassigen Glasgow Rangers.
Nach dem nächsten „enttäuschenden Ergebnis“ (Rose) murrten die mitgereisten Anhänger in der Augsburger Arena. Rose mochte sein arg dezimiertes und am Ende auch erschöpftes Personal nicht zu hart rügen. Die starke Solo-Nummer von Thorgan Hazard zum 1:0 reichte nicht, weil nach zweimaligem Aluminium-Pech von Donyell Malen in der besten BVB-Phase die Kräfte schwanden. Die Hoheit über das Spiel ging verloren. Und der FCA glich mit frischen Kräften von der Bank durch Joker Noah Sarenren Bazee in der 78. Minute aus. Von „Ping Pong“ im Strafraum sprach Rose angesichts des Abwehr-Wirrwarrs beim Gegentor.
„Wir haben uns das Spiel aus der Hand nehmen lassen und um das Gegentor gebettelt“, stöhnte Dortmunds Offensivspieler Julian Brandt. „Wir hätten den Punch setzen müssen“, befand Rose angesichts der verpassten 2:0-Entscheidung. Der „Punch“ ist das, was diesem Team, das in Topbesetzung und in Spiellaune Bundesligagegner auch mal schwindlig spielen kann, viel zu häufig fehlt. Aus Dortmunder Sicht ist zu hoffen, dass der künftige Abwehrchef Niklas Süle im Sommer aus München einen Umzugswagen voll Bayern-Gewinnermentalität mitbringt.
Rose gibt sich aber erstmal für die restliche Saison, die nun nicht ausplätschern darf, kämpferisch. „Ich arbeite mit den Jungs. Und wir versuchen jetzt, das Maximum aus der Saison herauszuholen“, kündigte er an. Damit meinte Rose aber nicht, ein zehntes Meisterjahr des FC Bayern noch verhindern zu können. Platz zwei ist Dortmunds Optimum.