Oliver Kahn und Herbert Hainer bekamen auf der VIP-Tribüne noch einmal ganz deutlich vor Augen geführt, was die Fans von den Verbindungen von Bayern München zu Katar halten. In der Südkurve der Arena hing beim Topspiel gegen Freiburg minutenlang ein riesiges Banner. Darauf waren Vorstandschef Kahn und Präsident Hainer mit blutigen Hemden und einem Geldkoffer vor einer Waschmaschine zu sehen. Dazu der Spruch: „Für Geld waschen wir alles rein.“
Es ist nicht das erste Mal, dass die Münchner Anhänger massiv Front gegen Sponsoring-Deals des Klubs mit dem umstrittenen WM-Ausrichter machen. Bei der Jahreshauptversammlung am 25. November kann sich der deutsche Fußball-Rekordmeister auf lebhafte Diskussionen einstellen. Es droht die Eskalation.
„Wir wollen präventive Maßnahmen ergreifen, um einen neuen Abschluss zu verhindern.“
Michael Ott
Zuletzt war ein Antrag der Fans eingegangen, dass der Verein künftig Geschäfte wie aktuell die Ärmelwerbung mit Qatar Airways, die angeblich 20 Millionen Euro pro Jahr einbringt, ausschließt.
„Wir wollen präventive Maßnahmen ergreifen, um einen neuen Abschluss zu verhindern“, sagte Initiator Michael Ott dem SID. Katar stehe für massive Menschenrechtsverletzungen, zudem gebe es schwere Vorwürfe von Korruption im Sport, hieß es in einer Mitteilung der kritischen Anhänger.
Die Bayern-Bosse um Kahn und Hainer befinden sich in der Zwickmühle. Greifen sie nach den Millionen aus sogenannten Schurkenstaaten wie Katar, um weiterhin mit Klubs wie Manchester City (aus Abu Dhabi unterstützt), Paris St. Germain (Katar) oder seit neuestem Newcastle United (Saudi-Arabien) mithalten zu können?
Und ziehen sich damit den Ärger der Fans zu. Oder verzichten sie künftig auf diese finanziellen Zuwendungen und gewinnen dadurch die Zuneigung der Fans? Einfach gesagt: Für Kahn, Hainer und Co. geht es um die Frage: Geld oder Liebe?
Missstände im Dialog besprechen
Der Verein versuche, die Missstände „im Dialog zu besprechen“, betonte Trainer Julian Nagelsmann nach dem 2:1 gegen Freiburg. Es ist der Kurs, an dem die Bayern schon seit Längerem festhalten. Hainer weist immer wieder auf einen „respektvollen Dialog“ mit Katar hin: „Nach dem Motto: Wandel durch Annäherung.“
Wie die Verbindung zum Emirat allerdings mit einer geplanten Modernisierung der Bayern-Satzung zusammenpasst, ist offen. Man wolle im künftigen Satzungstext „noch besser verdeutlichen“, sagte Vizepräsident Dieter Mayer, „für welche Werte unser Klub steht“.
Mayer nannte hier Toleranz, Respekt, Vorbildfunktion, Weltoffenheit, soziale Verantwortung und „ein Einstehen gegen jegliche Form von Extremismus und Diskriminierung, sei es aus ethnischen Gründen, wegen des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung“. Als „Selbstverständlichkeit“ bekenne sich der Klub zudem „zur Achtung aller international anerkannten Menschenrechte“.
Noch helfe der FC Bayern durch die Zusammenarbeit mit einem Staatsunternehmen jedoch aktiv mit, „von den Missständen abzulenken“ und „ein modernes, weltoffenes Bild von dem Land zu verbreiten“, meinen die kritischen Anhänger.
Dennoch unangetastet bleiben sollen nach dem Willen der Initiatoren, unter denen einige in der Fanszene bekannte Gesichter sind, die jährlichen Trainingslager in dem Golfstaat. Diese böten „zumindest theoretisch die Möglichkeit zur kritischen Kommunikation - wenn man sie denn wahrnehme“, hieß es. Die Stars um Manuel Neuer verzichten aus Termingründen in diesem Winter auf die Reise an den Persischen Golf, die Bayern-Frauen reisen jedoch nach Katar.
Das Emirat, das im Winter 2022 die WM austrägt, steht wegen der Menschenrechtslage stark in der Kritik. Auch die Benachteiligung von Frauen und Personen der LGBTQ-Bewegung wird immer wieder angeprangert.