Die beiden Kumpel wussten, wie man sich inszeniert. Mal posierten sie mit nacktem Oberkörper und in Badehosen vor einem Oldtimer, mal machten sie gemeinsam Werbung für einen Herrenausstatter oder ließen sich für das Fernsehen im Doppelbett filmen. Uli Hoeneß und Paul Breitner feierten in den Siebziger Jahren gemeinsam einen Erfolg nach dem anderen. Mit dem FC Bayern holten sie Deutsche Meisterschaften, triumphierten sie im DFB-Pokal und im Europapokal der Landesmeister. Mit der Nationalmannschaft wurden sie Seite an Seite Europameister 1972 und Weltmeister 1974. Wie ein altes Ehepaar seien sie gewesen, sagte Breitner mal in einer TV-Dokumentation.
Die Art und Weise zeigt, wie es um die Nerven beim FC Bayern bestellt ist
Aus und vorbei. Die Ehe der beiden Bayern-Legenden hat schon manche Krise durchlebt, aber nach dem peinlichen Theater um die entzogenen Ehrenkarten ist wohl endgültig das Ende dieser Männer-Freundschaft gekommen.
Ob Paul Breitner auf der Ehrentribüne sitzt oder nicht, ob er Markenbotschafter des Klubs ist oder nicht, macht den FC Bayern nicht besser oder schlechter. Die Art und Weise, wie die Scheidung über die Bühne gegangen ist, zeigt jedoch, wie es um die Nerven beim Rekordmeister bestellt ist. Vor allem um die des Präsidenten Uli Hoeneß. Erst kanzelte er die Journalisten ab, beleidigte Mesut Özil sowie Juan Bernat. Und jetzt verwies er Breitner, immerhin auch Bayern-Ehrenspielführer, der Ehrentribüne, weil dieser es tatsächlich gewagt hatte, Hoeneß zu kritisieren. Höhepunkt der Geschmacklosigkeit: Nicht der Präsident selbst, sondern Finanzchef Jan-Christian Dreesen überbrachte die Nachricht.
Die Rote Karte für Breitner ist sicherlich nur ein Ventil, durch das Hoeneß seinen Druck ablässt. Den Druck, neun Punkte auf den BVB aufholen zu müssen. Den Druck, wohl einen neuen Trainer finden zu müssen, und den Druck, einen überalterten Kader zur neuen Saison mit ebenso jungen wie leistungsstarken Stars auffrischen zu müssen. Autor: Thomas Lelgemann