Doch die Atmosphäre bleibt vor der Partie gegen Frankfurt nachhaltig belastet. In Hannover haben sich plötzlich wieder alle lieb. Es hat offenbar nicht viel gefehlt und Trainer Mirko Slomka, Sportdirektor Jörg Schmadtke und Präsident Martin Kind hätten sich nach ihrem klärenden Gespräch in den Armen gelegen. Bei 96 sind sie pünktlich vor der wichtigen Partie im Kampf um den Europapokal gegen Eintracht Frankfurt (Sonntag, 15.30 Uhr/Sky und Liga total!) wieder ziemlich beste Freunde.
"Es war auch kein Gipfel. Kein Krisengipfel und was man so für nette Worte öffentlich lesen konnte. Es war eines der Gespräche, die wir regelmäßig führen und es hat sogar Spaß gemacht", sagte Kind und versuchte die Wogen nach dem neuerlichen Zwist zwischen seinen beiden sportlichen Würdenträgern zu glätten. Und auch Slomka konnte den ganzen Wirbel nicht verstehen, "warum aus einer E-Mail so ein Hype gemacht wird". Von einer "Eiszeit" zwischen ihm und Schmadtke, wie zuvor berichtet wurde, könne keine Rede sein. Alle Beteiligten waren bemüht, das Thema herunterzuspielen.
Dem 96-Triumvirat war der neuerliche Ausbruch im nicht enden wollenden Zwist zwischen Trainer und Sportdirektor am Ende wohl irgendwie peinlich. Schließlich kam die "E-Mail-Affäre" - angeblich kommunizieren Slomka und Schmadtke nur noch über elektronische Post - auch zur Unzeit. Nach dem Aus in der Europa League kämpfen die "Roten" in der Bundesliga erneut um die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb, die Planungen für die kommende Saison müssen vorangetrieben werden und die aufstrebende Marke "Hannover 96" hat erheblichen Imageschaden genommen. "Die Außenwahrnehmung müssen wir einfach mal diskutieren. Es geht darum, wie wir solche Bilder in Zukunft vermeiden können", sagte Kind dem SID.
Slomka versuchte derweil den Fokus wieder auf den Fußball zu richten. "Wir wollen Frankfurt mit einem Sieg unter Druck setzen. Platz sechs bleibt unser Ziel", sagte der 45-Jährige. Und laut Statistiken stehen die Chancen für sein Team gut, bis auf zwei Punkte an das Überraschungsteam der Vorrunde heranzukommen. Hannover hat seine vergangenen fünf Bundesliga-Heimspiele alle gewonnen und ist seit über 25 Jahren zu Hause gegen Frankfurt ungeschlagen (fünf Siege, drei Remis). Zudem haben die Hessen seit 415 Minuten kein Tor mehr geschossen. Trotzdem glaubt Eintracht-Trainer Armin Veh an sein Team: "Ich habe keine Angst, dass wir keine Tore mehr machen. Wir spielen uns immer noch genügend Chancen heraus. Ich gehe ganz gelassen mit den Dingen um."
Eine Portion Gelassenheit täte auch den 96ern gut. Doch es ist kaum davon auszugehen, dass die Dauerfehde der beiden Rivalen von der Leine so schnell zu lösen ist. Slomka und Schmadtke sind schon lange ein Fall für die Partnerberatung, ihr Bündnis wurde nur durch den gemeinsamen Erfolg zusammengehalten. Doch der scheint durch die ewigen Reiberein in Zukunft immer mehr gefährdet. 96 steht vor wichtigen Personalentscheidungen: Torjäger Mame Diouf, an dem Meister Borussia Dortmund ungeniert baggert, soll irgendwie gehalten werden. Zudem laufen die Verträge von wichtigen Spielern wie Sergio da Silva Pinto, Konstantin Rausch und Kapitän Steven Cherundolo aus.
Wie soll es also weitergehen? "Wir haben gemeinsam erste Weichen für eine erfolgreiche Zukunft gestellt und die Planungen aufgenommen", sagte Slomka nach dem Krisengipfel, der angeblich keiner war. In Hannover wollen sich alle wieder lieb haben.