Sicheres Stadionerlebnis

Stehplätze, Kontrollen und ein Ehrenkodex

Bis zum heutigen Donnerstag mussten die 36 Vereine der 1. und 2. Bundesliga ihre Stellungnahmen zu den geplanten Änderungen der DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesligaspielen in Frankfurt abgeben.

Bevor das Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ auf der Vollversammlung der DFL am 12. Dezember endgültig zur Abstimmung gerät, endet damit die sogenannte Dialogphase 2.

RevierSport sprach mit Bochums Fanbeauftragten Dirk Michalowski über Kollektivstrafen, Medien-Hysterie und falsche Wahrnehmungen.

Dirk Michalowski, wie bewerten Sie das Konzeptpapier „Sicheres Stadionerlebnis“?

Das ist ja bereits die zweite Fassung. Im Vergleich zum ursprünglichen Konzept wurden auf Druck der Vereine und der Fanorganisationen Verbesserungen erzielt. So wurden die Installation von Ganzkörperkontrollen an den Gästeeingängen und Generalbestrafung von Fanvereinigungen bei Verstoß eines Mitglieds gegen einen sogenannten Ehrenkodex inzwischen wieder aus dem Papier gestrichen. Ebenso soll nun ein klares Bekenntnis zum Erhalt der Stehplätze verankert werden.

Was hatte es mit dem Ehrenkodex auf sich?

Die Fans sollten unterschreiben, dass sie gegen Gewalt und Rassismus sind und sich an geltendes Recht halten, bevor sie Tickets für die Spiele bekommen. Es ist nicht verkehrt, dass dieser Passus gestrichen wurde. Beim Fußball handelt es sich um eine Freizeitbeschäftigung. Niemand wird so etwas unterschreiben. Dass Fußballfans sich gegen Gewalt und Rassismus aussprechen, sollte selbstverständlich sein, das erwarte ich auch ohne Verhaltenskodex.

Dennoch droht die DFL den Fans mit der Gemeinschaftskeule!

Das ist richtig! Den Anhängern droht bei Verurteilungen des Vereins durch die DFB-Gerichtsbarkeit zum Beispiel wegen des Abbrennens von Pyrotechnik oder bei Risikospielen immer noch die Reduzierung des Kartenkontingentes für Auswärtsspiele um die Hälfte, auf fünf Prozent. Warum zum Beispiel ein Auswärtsspiel der Schalker beim BVB weniger risikobehaftet sein soll, wenn dort nur noch 4.000 Gästefans im Stadion sind statt 8.000, ist nicht nachvollziehbar. Es ist auch kaum akzeptabel, warum die Fans kollektiv bestraft werden sollen, wenn sich einige wenige daneben benehmen. Wir hatten so etwas beim VfL bereits zweimal bei Heimspielen, als die Ostkurve gesperrt war.

Wie wollen Sie das verhindern?

Wir haben ein neues Fangremium gewählt, in dem Abgesandte fast aller wichtigen Fangruppierungen vertreten sind. Mit diesem Gremium werden wir nun dieses Papier besprechen. Wir werden unserem Vorstand dann die Vorschläge mit nach Frankfurt geben und hoffen, dass diese bei der Abstimmung Berücksichtigung finden.

Verharmlosen Sie das Problem nicht?

Wir Fanbeauftragten wollen die vorhandenen Probleme nicht klein reden, aber das Horrorszenario, das Politik und Medien derzeit verbreiten, ist schlicht und ergreifend nicht vorhanden. Wir haben in Deutschland nicht nur eine einzigartige Fankultur, sondern auch die sichersten Stadien der Welt. Deshalb müssen wir dringend zu einer Versachlichung der Diskussion zurückkommen.

Der Bericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze spricht eine andere Sprache!

Demnach ist dort zwar die Zahl der eingeleiteten Strafverfahren in der vergangenen Saison im Vergleich zu den Vorjahren von 6043 auf 8143 gestiegen, aber das sagt nichts über die Zahl der Verurteilungen aus. Natürlich ist es schlecht, wenn solche Zahlen drastisch in die Höhe gehen und wir müssen uns auch damit beschäftigen, wie man das wieder in den Griff bekommt, aber so eine ‚nackte‘ Statistik hilft niemandem und trägt nur zu weiteren Missverständnissen bei.

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