Der langjährige Bundesliga-Trainer Michael Henke verfolgt 5000 km entfernt von der Heimat erfreut den Zweikampf zwischen seinen Ex-Vereinen Borussia Dortmund und Bayern München, sorgt sich aber akut um seinen letzten Klub 1. FC Köln. "Für mich ist Köln die größte Enttäuschung der Bundesliga", sagte der langjährige Co-Trainer von Meister-Coach Ottmar Hitzfeld dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Der 55-Jährige, der als Co-Trainer mit aller Entscheidungsgewalt beim iranischen Klub Esteghlal Teheran arbeitet, hat auch große Zweifel, dass sich in naher Zukunft beim FC etwas ändert. "Den Kölschen Klüngel gibt es tatsächlich, ich habe ihn selbst erlebt", sagte Henke, der in Köln im Oktober 2010 nach knapp 16 Monaten mit seinem Chef Zvonimir Soldo entlassen worden war: "Ich weiß nicht, ob jemand den Mut hat, ihn aufzubrechen. Ich habe gedacht, dass jemand wie Volker Finke, der von außen kommt, die Probleme in den Griff bekommt, die es seit Jahren gibt. Aber er hat es auch nicht geschafft." Der Sportdirektor war im März in Köln freigestellt worden.
"Es sind nicht ein paar Stellschrauben, an denen man drehen muss"
Die Hoffnung auf bessere Zeiten in Köln hat Henke daher nahezu aufgegeben. "Ich war immer guten Mutes, aber dafür geht das nun alles schon zu lange und hätte in der Vergangenheit schon erkannt werden müssen", sagte er: "In Toni Schumacher ist nun ein Freund von mir Vize-Präsident, auch deshalb drücke ich alle Daumen. Aber ich bin sehr skeptisch. Es sind nicht ein paar Stellschrauben, an denen man drehen muss, da geht es um viel mehr. Das alles ist sehr traurig, denn der Verein hat ein Riesenpotenzial. Vor allem die Idenfikation der Fans ist riesig. In Köln zählen ja vor allem drei Dinge: Dom, Karneval, FC."
Genau das sei auch ein Problem des Klubs. "Köln wird einfach mit der Tradition nicht fertig und stellt nicht die richtigen Weichen", sagte der gebürtige Westfale. Genugtuung empfinde er aber keine, "ich denke an die Leute, die im Stadion und in den Kneipen mitfiebern und in nahezu jedem Spiel gequält werden". Dass der FC, der am Samstag im letzten Saisonspiel gegen Bayern München (15.30 Uhr/Sky und Liga total!) um den Einzug in die Relegation kämpft, vielleicht absteigt, ist für Henke dennoch eigentlich unfassbar: "Die Mannschaft ist wesentlich besser als zu unserer Zeit. Lukas Podolski hatte damals Umstellungsprobleme, nun hat er eine überragende Saison gespielt, dazu kamen Spieler wie Michael Rensing oder Sascha Riether."
"Bayern wird ewig oben bleiben" Mehr Freude macht ihm Dortmund, wo er 1995 und 96 wie heute zweimal in Folge Meister wurde. Diesmal traut er dem BVB langfristig den Schritt zur zweiten Kraft im deutschen Fußball zu. "Ich hoffe, dass es den ewigen Zweikampf zwischen Bayern und Dortmund geben wird. Bayern wird ewig oben bleiben, zumindest, solange Uli Hoeneß dort irgendwo in der Nähe ist. Dortmund hat noch viel Arbeit vor sich", sagte Henke, der bei den Bayern insgesamt acht Jahre arbeitete: "Man darf die Augen nicht davor verschließen, dass es bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch riesengroße Unterschiede gibt. Dortmund braucht vor allem eine kontinuierliche Champions-League-Präsenz. Aber ich traue ihnen diese Entwicklung zu."
Für das DFB-Pokal-Finale zwischen seinen Ex-Klubs am 12. Mai bezifferte Henke die Chancen auf 50:50, "aber im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea ist Bayern ganz klar Favorit".