Man kann seit der Öffnung des Transferfensters die unterschiedlichen Strategien und Konzepte der Verantwortlichen beobachten. Der Hamburger SV oder Werder Bremen haben bisher keine neuen Spieler in ihre Reihen aufgenommen, der VfL Wolfsburg hingegen stolze acht Neuzugänge zu verzeichnen.
Was sind die Gründe, weshalb ein Verein die Chance zur Nachbesserung vielleicht gar nicht nutzt? Das könnte sogar ein Wettbewerbsnachteil sein. Auf dem Transfermarkt gehandelte Spieler, die man für den Sommertransfer ins Auge gefasst hat, könnten plötzlich durch einen Konkurrenten langfristig verpflichtet werden. Die Inaktivität spricht aber auch für Vertrauen, welches die Verantwortlichen in ihr Team haben.
Von einer erfolgreichen Hinrunde kann man im Zusammenhang mit dem HSV nicht sprechen. Dennoch ist der Vereine auf dem Transfermarkt nicht aktiv. Man traut dem Personal eine deutliche Leistungssteigerung in der Rückserie zu, ohne den Druck auf den Kaderbestand durch Neuzugänge zu verschärfen. Der Sportdirektor vertraut natürlich auch sich selbst. Denn er war es ja, der den Kader im Sommer umstrukturiert und zusammengestellt hat. Der Ansatz hierbei ist vielfach zukunftsorientiert und auf Jahre angelegt. Viele Spieler werden mit langfristigen Verträgen ausgestattet, die auch die Möglichkeit zur Entwicklung bieten sollen. Die Entwicklung nach sechs Monaten durch mehrere Neuverpflichtungen zu stoppen, ist nicht jedermanns Philosophie. Zudem ist ein Kader meist etwa 30 Mann stark, sodass sich in der Wintervorbereitung auch aus den eigenen Reihen Möglichkeiten auftun sollten.
Der VfL Wolfsburg besitzt das Vertrauen in das meist erst seit Sommer 2011 beschäftigte Personal nicht. Vielmehr verpflichtete man inzwischen den Winterneuzugang Nummer acht. Es wird eine andere Philosophie vertreten. Die Saison soll durch umfassende Neustrukturierung des Kaders inmitten der Spielzeit gerettet werden. Es werden hiermit Fehlvorstellungen über die Leistungsfähigkeit einiger Spieler korrigiert und die Weichen oft über die aktuelle Spielzeit hinaus gestellt. Spieler, die keine Rolle mehr spielen, erhalten die Freigabe für einen sofortigen Wechsel.
Man kann unterschiedlicher Meinung sein, ob man das Austauschen fast einer ganzen Elf gut heißt – laut den Statuten ist es legitim und die Vereine machen in ganz Europa Gebrauch davon. Viele Klubs nutzen hierbei „passiv“ die Chance, Spieler, deren Verträge im Sommer 2012 auslaufen und nicht verlängert werden, abzugeben, um Personalkosten zu sparen und Flexibilität für die Transferperiode I im Sommer zu schaffen.
Ein probates Mittel in der Kaderplanung stellt auch das Modell der Ausleihe von Spielern. So kann man ihnen in anderen Mannschaften zu Spielpraxis verhelfen. Für die aufnehmenden Vereine besteht das Risiko, dass die in ihrem alten Verein kaum eingesetzten Akteure sich nicht auf Anhieb in der Stammelf integrieren können. Kommen Spieler aus einer anderen Liga, fällt die sportliche Integration meist noch schwieriger. Die Transferperiode II birgt Chancen und Risiken. Wir werden Ende Mai wissen, wer die Möglichkeiten am besten genutzt hat.