Seit dem Derbysieg geht nichts mehr. Das 1:0 gegen den Hamburger SV war wie eine gefühlte Meisterschaft für den FC St. Pauli, doch die Feiern verursachten einen schmerzhaften Kater: Drei Spiele, null Tore, drei Niederlagen. Abstiegskampf, da sind wir wieder. Das Spiel am heutigen Sonntag (17.30 Uhr/Sky und Liga total!) gegen den Mitkontrahenten VfB Stuttgart ist deshalb schon so etwas wie "ein Endspiel" (Torwart Thomas Kessler).
Bislang herrschte Ruhe rund um die Reeperbahn. Trainer Holger Stanislawski sitzt felsenfest im Sattel, die Spieler und Fans murren nicht. Man weiß, wo man herkommt und was man hat und kann die Situation realistisch einschätzen. Wäre da nicht dieses unglaubliche Verletzungspech in der Abwehr, das für einen Aufsteiger mit Mini-Etat nur schwer bis gar nicht zu kompensieren ist.
Pauli ohne Viererkette
In Carsten Rothenbach (Patellasehne), Fabio Morena (Ermüdungsbruch), Carlos Zambrano (Sehnenriss) und Bastian Oczipka (Knöchelbruch) fällt eine gesamte Viererkette bis Saisonende aus. Gegen Stuttgart steht außerdem der gesperrte Abräumer Matthias Lehmann nicht zur Verfügung. Gerade erst hat sich Außenverteidiger Florian Lechner wieder im Training angemeldet.
"Die Verletzungsprobleme im Abwehrbereich sind außergewöhnlich", sagt der gesunde Verteidiger Markus Thorandt, "natürlich schwächt uns das erheblich". Stanislawski leistet die notwendige Flickschusterei ohne Murren, aber auch ohne Erfolg.
Als sich Zambrano in Nürnberg nach sechs Minuten verletzte, musste Marcel Eger eingewechselt werden, der schon in der 2. Liga kein Stammspieler mehr gewesen war. Gegenspieler Christian Eigler schoss vier Tore beim 0:5. Vom "Hinfallen" und dem "Wiederaufstehen", sprach Stanislawski anschließend. Heute ist die Gelegenheit.
"Vieleicht hatte diese Klatsche auch was Gutes, wen du immer nur knapp verlierst, denkst du, du seist nah am Sieg gewesen", sagt Mittelfeldspieler Max Kruse. Davon konnte zuletzt keine Rede mehr sein. "Jeder, der sich nach dem Stadtderby in die Tasche gelogen hat, weiß, wo wir jetzt stehen", sagt Kessler, "es geht nicht darum, Hamburger Meister zu werden, sondern auch im nächsten Jahr das Derby spielen zu können."
Noch liegen die Stuttgarter mit 25 Zählern drei Punkte hinter St. Pauli. Natürlich müssen die Hanseaten versuchen, die Schwaben auf Distanz zu halten. Dafür wurde sogar ein neuer Rasen ins Millerntor verlegt, wo zuletzt gepflegter Fußball unmöglich gewesen war. "Sechser" Fabian Boll weiß: "Sonntag ist es ein richtungweisendes Spiel."
Auch für die Gäste selbstverständlich. "Unser Ziel ist ganz klar, in St. Pauli ein Ausrufezeichen zu setzen", fordert Sportchef Fredi Bobic: "Nach zuletzt zwei Siegen wollen wir nachlegen." Dabei muss der VfB auf Khalid Boulahrouz und weiterhin Cacau verzichten.
Die Negativserie des Aufsteigers schmeckt VfB-Trainer Bruno Labbadia übrigens gar nicht: "Sie werden sehr kompakt, aggressiv und hochmotiviert auftreten. Da wird eine andere Mannschaft auf dem Platz stehen." Trotzdem freut sich der ehemalige HSV-Coach auf das Spiel am Millerntor: "Im Stadion herrscht eine einzigartige Atmosphäre, die es so kein zweites Mal in der Bundesliga gibt."