Als „Eurofighter“ fühlt er sich dennoch.
Marco van Hoogdalem, Sie gelten als Eurofighter, obwohl Sie den Triumph in Mailand nur von der Tribüne aus erleben durften. Bezeichnen Sie sich selbst als UEFA Cup Sieger? Ich war doch auf dem Mannschaftsfoto! Das sagt doch alles, oder? Ich habe neben dem verletzten Youri Mulder und Charly Neumann im San Siro mitgefiebert und mehr geschwitzt als die Jungs.Da ich nicht gespielt habe, bin ich aber kein richtiger Eurofighter. Aber dafür habe ich die beiden Pokalsiege 2001 und 2002 miterlebt. Das sind Ereignisse, für die du als Spieler lebst.
Und die Vier-Minuten-Meisterschaft? Das war unglaublich. Während ich darüber rede, bekomme ich schon wieder eine Gänsehaut. Wir sind nach unserem Sieg gegen Unterhaching im Parkstadion schon auf der Haupttribüne auf den Balkon gestiegen und dann haben wir live auf dem Videowürfel den Freistoß von Patrik Anderson erlebt. Danach haben wir vor Wut die Türen der Kabinen mit unseren Fußballschuhen kaputtgeworfen.
Haben Sie noch Kontakt zu Huub Stevens?
Ab und an telefonieren wir miteinander. Ich kannte ihn ja besser, als die meisten anderen. Wir haben immerhin neuneinhalb Jahre zusammengearbeitet. Er hat nicht nur bei Schalke viel geleistet, sondern auch bei Roda Kerkrade die beste Mannschaft aufgebaut, die sie dort jemals hatten. Und seitdem er von Schalke weg ist, hat der Klub keinen Titel mehr gewonnen. Erinnern Sie sich noch an Ihr Eigentor gegen 1860 München? Ja, klar. Ich habe zweimal für Schalke in der Champions League gegen Chelsea London und Mallorca geknipst. Aber Tore wie das 1:0 in der Verlängerung gegen Bayern München im DFB-Pokalhalbfinale 2002 oder auch das Eigentor vergisst man nicht. Den Ball habe ich damals schön am Innenpfosten an Frank Rost vorbei ins Tor geschoben. Ich wollte ihn auf dem rechten Bein anspielen, aber da war nur der rechte Pfosten. Und dann war er plötzlich drin. Total irre!
Danach mussten Sie schwere gesundheitliche Rückschläge hinnehmen... Vor fünf Jahren habe ich eine neue Hüfte bekommen. Seitdem kann ich wieder schmerzfrei gehen. Vorher habe ich es kaum noch ausgehalten. An Fußball war nicht zu denken.
Wie sind Sie damit umgegangen, als fest stand, dass es mit dem Fußball vorbei war? Das war ein richtiger Tiefschlag. Du kannst so viel Geld haben, wie du willst. Das Wichtigste im Leben ist die Gesundheit. Ich habe aus meiner Karriere alles herausgeholt, was möglich war, weil ich immer alles gegeben habe. Mit dieser Gewissheit war das leichter zu ertragen. Zu wissen, du hast gleich höllische Schmerzen, wenn du den Ball spielst, war trotzdem niederschmetternd.
Wie gehen Sie mit Ihrer chronische Lebererkrankung um?
Die wurde damals dramatischer dargestellt, als sie war. Bei der PSC-Krankheit wird aufgrund von Vernarbungen in den Gallengängen die Leber nicht mehr richtig durchblutet. Es besteht langfristig die Gefahr einer Leberzirrhose. Deshalb stehe ich auch auf einer Warteliste für eine neue Spenderleber. Aber das ist jetzt noch nicht so dringend. Meine Ärzte haben mir gesagt, dass ich noch fünf oder vielleicht sogar noch zehn Jahre Zeit dafür habe. Es beeinträchtigt mich, aber ich kann mit dieser Erkrankung ganz alt werden. Beim Champions-League Spiel gegen Olympique Lyon waren Sie mal wieder in der Arena. Wie sehen Sie Schalke heute? Wenn ich auf dem Weg nach Gelsenkirchen bin, habe ich noch immer das Gefühl, als käme ich gleich nach Hause. Der Verein sitzt noch immer ganz tief in meinem Herzen. Als mich Huub Stevens 1997 in der Winterpause aus Kerkrade geholt hat, wusste er, dass ich genau der Richtige für die Mentalität von Schalke 04 bin. Und das stimmte. Ich bin damals sofort vom S04-Virus gefangen genommen worden. Und den wirst du bekanntlich nie wieder los. Vor einigen Wochen waren wir mit allen Trainern von Roda Kerkrade zu einem Spiel von Bayern in München. Aber das kann man nicht vergleichen. Schalke gehört mein Gefühl. Dennoch haben Sie gegen Schalke vor dem Arbeitsgericht geklagt. Warum? Das war eine traurige Geschichte. Ich hatte von Rudi Assauer die Zusage, dass ich nach meiner aktiven Laufbahn in den Verein eingebunden werden sollte. Das hat er mir auf einem Zettel sogar schriftlich gegeben – ohne festzulegen, was ich für einen Job übernehmen soll. Den Zettel habe ich immer noch. Aber dann hat man mir von Vereinsseite nichts angeboten. Darüber war ich enttäuscht, denn ich wäre gerne bei Schalke geblieben. Sie sollen doch als Scout für die Königsblauen gearbeitet haben? Nein, das habe ich nicht. So etwas war angedacht. Aber den Job hat damals Eddy Achterberg bekommen, ohne dass mit mir jemand gesprochen hat. Das habe ich als Vertrauensbruch angesehen. Ich bin froh, dass wir uns am Ende einigen konnten. Wir haben uns die Hand gegeben und damit ist das Ganze auch erledigt. Wie gefällt Ihnen Schalke heute? Ich war entsetzt, wie reglementiert inzwischen alles geworden ist. Früher konntest du dich als Spieler viel freier bewegen. Heute wird dir fast schon vorgeschrieben, wann du auf die Toilette zu gehen hast.