Kevin Großkreutz konnte sein Glück kaum fassen. Kaum stand der 21-Jährige in seinem ersten Länderspiel auf dem Rasen, da hatte er dem müden Benefiz-Kick gegen Malta schon eine große Portion Würze verpasst: Mit zwei beherzten Antritten und zwei starken Pässe hatte er binnen vier Minuten gleich zwei Treffer eingeleitet und damit mehr Akzente gesetzt, als sämtliche WM-Fahrer, die Bundestrainer Löw zur Verfügung standen, in den 58 Minuten zuvor.
„Das war ein perfekter Einstand“, freute sich der frühere Ahlener anschließend über sein rundum geglücktes Debüt: „Ich war ja kaum auf dem Platz, da hatte ich schon zwei Vorlagen gegeben. Ich hatte sehr viel Spaß, es war ein Tag zum Genießen.“
Es war nicht der erste Tag einer langen Saison, den der Shooting Star der abgelaufenen Bundesliga-Spielzeit in vollen Zügen genießen durfte. Kaum ein Beobachter hatte den gebürtigen Dortmunder auf dem Zettel, als ihn Jürgen Klopp im letzten Sommer aus der zweiten Liga zurück zum BVB lotste.
Doch Großkreutz überzeugte: zunächst durch enorme läuferische Leistungen und Kampfgeist, später auch durch gefährliche Abschlüsse und Vorlagen. Kein anderer Mittelfeldspieler der Borussia traf so häufig ins gegnerische Tor wie der Blondschopf mit der extravaganten Frisur – und doch war es eine mehr als dicke Überraschung, als ihn Löw als Perspektivspieler für das Benefizspiel seiner Nationalauswahl gegen Malta berief.
„Ich war natürlich heiß darauf, für die deutsche Nationalelf aufzulaufen“, bekannte Großkreutz nach seinem Debüt, als hätte seine Leistung nicht schon deutlich gezeigt, wie groß seine Spielfreude war. Schwierigkeiten im neuen Umfeld hatte er nicht. Genau wie vor einem Jahr, als er aus dem beschaulichen Ahlen zurück nach Dortmund wechselte. „Ich wurde von der Mannschaft gut aufgenommen, daher gab es keine Anpassungsprobleme“, bestätigte Großkreutz diesen Eindruck.
Selbst das schwierige Verhältnis zu Schalkes Manuel Neuer scheint sich in den zwei gemeinsamen Tagen bei der Nationalelf verbessert zu haben. „Wir haben uns normal unterhalten“, berichtete der Borusse unaufgeregt: „Wir waren bei der Nationalmannschaft, da hat die Sache aus dem Derby doch nichts zu suchen.“
Großkreutz ging sogar so weit, ein Wort für seinen Schalker Rivale einzulegen. Im Hinblick auf die unklare Torwartfrage für die WM in Südafrika forderte er: „Ich finde, Manuel sollte die Nummer eins sein und Weltmeister werden.“
Er selbst wird ihm dabei nicht helfen können – trotz seiner starken Leistung am Donnerstag. Am Dienstag lässt er sich vom Knie-Spezialisten Dr. Jürgen Eichhorn in Straubing am Innenmeniskus operieren. Vorausgesetzt, Löw bleibt bei seiner Entscheidung. „Wenn er mich doch noch mit zur WM nehmen möchte, würde ich die OP verschieben“, machte Großkreutz dem Bundestrainer nämlich breit grinsend ein Angebot, das er eigentlich nur schwer abschlagen kann...