Der größte Widerspruch von allen dabei: Obwohl der 81-malige Nationalspieler einer der besten und beliebtesten deutschen Fußballer des letzten Jahrzehnts war, blieb er in seiner gesamten Karriere ohne Titel.
"So war es eben, und es gehört zu mir", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger und bewies Humor. Sein Ausrüster wollte ihm für das letzte Spiel goldene Schuhe herstellen, Schneider lehnte ab: "Jetzt kriege ich welche mit Silberstreifen. Das passt besser." Zum ewigen Zweiten eben. WM-Finale 2002: Die Geburtsstunde des "weißen Brasilianers"
Denn das war Schneider. Nicht weniger als sechsmal. Allein viermal davon im Jahr 2002. Damals verspielte er mit Bayer Leverkusen den Meistertitel, verlor die Endspiele im DFB-Pokal und der Champions League und schließlich noch das WM-Finale gegen Brasilien (0:2).
"Trotzdem war das eines meiner besten Spiele überhaupt", sagt Schneider. Und untertreibt. Trotz zwei Toren von Ronaldo war er wohl der beste Mann auf dem Platz. Es war die Geburtsstunde des "weißen Brasilianers".
"Er war mein Fußball-Zwilling", sagt Michael Ballack (Foto: firo).
Es ist wohl kein Zufall, dass er ausgerechnet an diesem Tag so glänzte, als sein kongenialer Partner Michael Ballack fehlte. Diesem hielt er meist den Rücken frei. Obwohl er über eine außergewöhnliche Technik verfügte, war "Schnix" nämlich in erster Linie Arbeiter und Mannschaftsspieler. Bekennender Raucher zwar, aber dennoch ein erstaunliches Laufwunder. So war er trotz hohen Eigenpotenzials für Ballack fast das, was Hacki Wimmer einst für Günter Netzer war.
Ballack: "Er war mein Fußball-Zwilling"
"Beim Fußballer Bernd Schneider komme ich ins Schwärmen", sagte Ballack nun der Bild-Zeitung: "Er gehört zu den wenigen, von denen ich profitiert habe. Er war mein Fußball-Zwilling, er kannte mein Spiel in- und auswendig." Schneider sei ein Spieler "mit überragender Technik" und als Typ "einfach zuverlässig, ehrlich, bodenständig, unaufgeregt und ein wahrer Freund." Deshalb fliegt der Nationalmannschaftskapitän für das Abschiedsspiel am Montag in Leverkusen trotz der heißen Meisterphase in England eigens ein. Wie Freunde aus alten Zeiten bei Carl Zeiss Jena und Eintracht Frankfurt. Schneider ist eben ein bodenständiger Mensch. Dass er einst ein Angebot des Weltklubs FC Barcelona ausschlug, bereut er nicht, "denn ich habe mich in den zehn Jahren in Leverkusen immer heimisch gefühlt". Dennoch zieht er im Sommer zurück in seine Heimatstadt Jena. Zwölf Jahre Abwesenheit seien schließlich "lange genug".
Erlebt hat er seitdem viel. Das legendäre Saisonfinale mit Frankfurt 1998, als die Hessen durch ein 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern den Klassenverbleib sicherten, war "Wahnsinn". Die drei Vize-Titel mit Bayer 2002 "wie der Kampf eines Gallierdorfs". Und 2006 führte er Deutschland als Kapitän ins Eröffungsspiel der Heim-WM gegen Costa Rica: "Ein absolutes Gänsehaut-Erlebnis, das mir niemand nehmen kann." "Es gab viele Höhepunkte, aber das war gigantisch"
Und doch war auch das alles nichts gegen ein scheinbar unbedeutendes Liga-Spiel im Mai 2009 gegen Borussia Mönchengladbach. Als er nach seinem Bandscheibenvorfall nach 70 Minuten zur Einwechslung gerufen wurde, "ist das ganze Stadion aufgestanden, selbst die gegnerischen Fans", berichtet er: "Das war ergreifend. Diesen Moment, diesen Jubel, werde ich nie vergessen. Es gab viele Höhepunkte, aber das war gigantisch." Es war gleichzeitig sein letztes offizielles Spiel, im Pokalfinale ließ ihn Trainer Bruno Labbadia 90 Minuten auf der Bank schmoren.
Sein ganz großer Abschluss sollte die WM im Sommer in Südafrika werden. Nun will Schneider mindestens ein deutsches Spiel auf der Fanmeile sehen. Danach will er "seine Erfahrung weitergeben". Trainer zu werden, sei eine Option. Obwohl er nach SID-Informationen im November daran scheiterte, die B-Lizenz zu erwerben. Doch ein "weißer Brasilianer" wird dem Fußball nicht verloren gehen.