Unter Beschäftigungsmangel leidet dieser Mann nicht. Seit Ende Januar führt der Rechtsanwalt auch noch die Fan- und Förderabteilung von Borussia Dortmund. Nach Reinhard Beck, Olaf Suplicki und Götz Vollmann ist der 28-jährige bereits der vierte Vorsitzende der Vertretung der passiven Mitglieder des BVB. Und das innerhalb von nur sechs Jahren seit der Gründung 2004. Seine Vorgänger mussten dem Ehrenamt nach jeweils nur einer Amtsperiode Tribut zollen. Blumberg will die Arbeit nun auf noch mehr Schultern verteilen – und länger durchhalten. Im März setzte er mit der Teilnahme an der Gedenkfahrt zum ehemaligen KZ-Sachsenhausen erstmals einen deutlichen Akzent nach außen. Für sein gesellschaftliches Engagement ist er unser Fan des Monats März. Im Interview mit RevierSport erklärt der Oberhausener, wie er sich seine Rolle als Vorsitzender der BVB Fanabteilung in den kommenden zwei Jahren vorstellt.
Herr Blumberg, haben Ihre Tage mehr als 24 Stunden? Sie meinen wegen meiner vielen Ehrenämter? Nein, über mangelnde Arbeit kann ich mich wirklich nicht beklagen. Aber mir ist es wichtig, mich für die Dinge, die für mein Leben Bedeutung haben und mir Spaß machen, einzusetzen. Nur dann kann ich etwas mitgestalten. Und der BVB nimmt schon immer einen ganz wichtigen Platz in meinem Leben ein. Daher war es auch klar, dass ich nicht nein sagen konnte, als ich gefragt wurde, dieses Amt zu übernehmen. Da mir aber auch die anderen Aufgaben am Herzen liegen, kann ich diese nicht einfach fallen lassen. Auch, wenn dafür die Zeit immer weniger wird.
Sie sind Jurist. Ein Vorteil, gewisse Dinge besser einordnen zu können?
In erster Linie sind es natürlich ganz andere Aufgaben, die ich in der Fanabteilung habe. Von Nachteil sind meine Fachkenntnisse bisher allerdings sicher auch nicht. Denn bei der Interessenvertretung und der Argumentation hilft der berufliche Hintergrund schon. Auch bekomme ich zum Beispiel jedes Stadionverbot auf den Tisch, das Borussia Dortmund ausspricht. Da kann ich dann im Bedarfsfall vermitteln und Gespräche führen.
Lebt einen Traum: Marco Blumberg, Vorsitzender der BVB-Fanabteilung.
Das Thema Stadionverbote wird heiß diskutiert. Was für ein Gefühl haben Sie bislang?
Das der BVB hier mit viel Augenmaß agiert. Ich kann natürlich nicht überprüfen, ob die vorgeworfenen Sachverhalte stimmen. Aber bei den Fällen, die ich bislang gesehen habe, stimmt das Strafmaß mit den vorgeworfenen Sachverhalten überein. Manchmal müssen sich die Fans schon an die eigene Nase fassen. Wenn ich, um ein Beispiel zu nennen, in einen Becher uriniere und diesen dann auf andere Zuschauer werfe, brauchen wir über ein Stadionverbot nicht mehr zu diskutieren.
Was für ein Typ Fan sind Sie?
Ich besitze seit 1996 eine Dauerkarte und gehöre seit Jahren zu den Viel- bis Allesfahrern. Aber in eine bestimmte Fan-Kategorie passe ich nicht wirklich. Mein Vorgänger Götz Vollmann sagte vor der Wahl zu mir, dass ich etwas mehr Stallgeruch habe als er, weil ich so aktiv in der Fanszene bin. Genau so wie viele andere Fans bin ich ein wenig verrückt und sitze auch im Alltag gerne mal im BVB-Pullover in der Kanzlei und berate meine Mandanten.
Wie lauten Ihre Ziele in den kommenden zwei Jahren?
Ein Europacupplatz sollte es schon mindestens zwei Mal werden (lacht). Im Ernst, meine Vorgänger haben bereits viel erreicht. Jetzt geht es darum, unsere Angebote, wie die Mitfahrangebote bei Auswärtsfahrten, zu erweitern und vor allem besser darzustellen. Wir haben viel bewegt, die Öffentlichkeit hat aber kaum mitbekommen, was die BVB Fan- und Förderabteilung für den Verein und seine Fans bislang geleistet hat.
Was wollen Sie ändern?
Wir haben ein Redaktionsteam gegründet, um unsere Außendarstellung zu verbessern. Zukünftig planen wir auch die vermehrte Nutzung von Youtube und anderen modernen Kommunikationsmitteln, wie Twitter und Podcast. Der Aufbau erfordert aber Zeit und vor allem Mitstreiter. Alle unsere Ideen umzusetzen ist ein langer Prozess, der sich nicht von heute auf morgen optimal bewerkstelligen lässt. Denn es ist nicht einfach, mit einer rein ehrenamtlichen Tätigkeit zum einen die Angebote zu erweitern und zusätzlich auch noch das Tagesgeschäft ordentlich zu bearbeiten.
Schon Vollmann hat beklagt, dass die Arbeit der Fanorganisation kaum mehr ehrenamtlich zu leisten ist. Werden Sie bald hauptberuflicher Vorsitzender der Fanabteilung?
Sicher nicht. Es ist zwar tatsächlich ein Traum aus meiner Grundschulzeit, irgendwann einmal als Anwalt für den BVB tätig zu werden (lacht). Aber der Vorsitz der Fan- und Förderabteilung ist eine ehrenamtliche Tätigkeit. Ich mache das aus Liebe zum Verein und sehe das nicht als Job. Aber wir müssen langfristig schon darüber nachdenken für Entlastung zu sorgen. Es ist fast unmöglich die Fanabteilung mit seinen inzwischen annähernd 4400 Mitgliedern in dieser Form zu führen. Ich alleine erhalte ca. 80 E-Mails am Tag. Der Aufwand ist einfach sehr hoch. Drei bis vier Stunden Arbeit täglich, die neben dem eigentlichen Job geleistet werden müssen, sind dauerhaft sehr schwer zu leisten.
Sie sind jetzt seit drei Monaten im Amt. Wie fällt ihr persönliches Zwischenfazit aus?
Wir haben noch ganz viele Ideen, die es nach und nach umzusetzen gilt. Wenn wir es in den kommenden zwei Jahren schaffen, dass wir von noch mehr Fans als aktive Mitgestaltungsmöglichkeit im Verein wahrgenommen und auch genutzt werden, dann wäre ich sehr zufrieden. Natürlich hat sich auch für mich persönlich eine Menge geändert. Ich habe am Anfang gedacht, ich könnte weiterhin mit meinen Freunden vom Fan-Club OB – VB 09 zum Spiel fahren. Das war, wie sich schnell herausgestellt hat, eine Illusion. Ich schaffe es jetzt meistens gerade noch fünf Minuten vor dem Anpfiff rechtzeitig auf meinem angestammten Platz im Block 82 zu sein. Da geht bisher Gewohntes schnell verloren. Aber das wird durch viele positive Erfahrungen auch wieder aufgewogen. Für den BVB tätig zu sein ist ein Traum, verbunden mit viel Arbeit.