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Welche rechtliche Möglichkeit gibt es für einen Abbruch bei den Amateuren?

Gähnende Leere. So, wie hier in Sterkrade-Nord sieht es derzeit auf allen Fußballplätzen aus.
Gähnende Leere. So, wie hier in Sterkrade-Nord sieht es derzeit auf allen Fußballplätzen aus. Foto: Kerstin Bögeholz
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Seit dem 13. März ruht der Spielbetrieb im Amateurfußball bis auf Weiteres. Großveranstaltungen sind gar bis zum 31. August aufgrund der Corona-Krise verboten. Wann und wie es weitergeht, das ist derzeit noch nicht absehbar. In England, Österreich und Frankreich wurden schon etliche Amateurligen abgebrochen. 

RevierSport hat deshalb bei Peter Küpperfahrenberg, einem Essener Fachanwalt im Arbeits- und Sportrecht, nachgefragt, welche juristische Handhabe der DFB und seine Landesverbände haben und welche Chancen Vereine hätten zu klagen.

Peter Küpperfahrenberg, gibt es eine rechtliche Grundlage für einen Saisonabbruch oder muss die Saison beendet werden? Zunächst einmal ist festzustellen, dass die aktuelle außergewöhnliche Situation und der Umgang mit ihr nicht geregelt sind. Juristisch muss man mit Generalklauseln und teilweise Ergänzungen arbeiten. Eine Rechtsgrundlage für einen Saisonabbruch ist weder der Spielordnung des DFB noch der Spielordnung des WDFV direkt zu entnehmen. In beiden Ordnungen heißt es, dass das Spieljahr in der Regel am 1. Juli beginnt und am 30. Juni des folgenden Jahres endet. Ausnahmen könnten dann gemacht werden, wenn im Rahmen-Terminkalender des DFB eine andere Regelung getroffen wird. Der DFB selbst hat in § 7 seiner Spielordnung bereits die Möglichkeit eingeräumt, dass über den 30. Juni 2020 hinaus gespielt werden kann, um das Spieljahr abzuschließen. Das deutet darauf hin, dass der DFB einen Saisonabbruch auf jeden Fall vermeiden will. Die Kompetenz darüber hat er allerdings auf die Landesverbände übertragen, die im Rahmen ihrer Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen handeln müssen. Um die Frage konkret zu beantworten: Derzeit sehe ich keine Rechtsgrundlage für einen Saisonabbruch. Wenn allerdings die Fortsetzung der Saison nur möglich ist bei einer Beeinträchtigung der Folgesaison (wenn also beispielsweise der Ligabetrieb erst nach dem 31.8.2020 wieder aufgenommen werden könnte), schließe ich nicht aus, dass der DFB und auch die Landesverbände die Saison abbrechen mit Verweis auf „höhere Gewalt“. Die juristischen Folgen einer solchen Entscheidung halte ich zum jetzigen Zeitpunkt für nicht seriös prognostizierbar.

Welcher Stand würde bei einem Abbruch zählen? Welche Szenarien wären juristisch möglich? Zwei Szenarien halte ich für möglich und auch juristisch vertretbar: Nach einem Saisonabbruch wird die Spielzeit komplett annulliert und es gibt weder Meister noch Aufsteiger noch Absteiger. Dafür spricht die ursprüngliche Form von § 4 der DFB Spielordnung. Dort heißt es, dass jeder gegen jeden in einem Hin- und Rückspiel mit wechselseitigen Platzvorteil anzutreten hat. Das ist bei einem Saisonabbruch aber nicht gegeben. Alternativ halte ich es für möglich, die Hinrundentabelle zu werten. Dann haben die Vereine zumindest jeder gegen jeden einmal gespielt. In seiner aktuell ergänzten Form räumt § 4 der DFB Spielordnung auch hier wieder eine Sonderregelung ein. Es heißt dort, dass die Mitgliedsverbände abweichende Regelungen beschließen können, wenn eine Spielrunde aufgrund der Auswirkungen der Covid 19 Pandemie nicht zu Ende gespielt werden kann. Was gilt für den Niederrheinpokal? In diesem Wettbewerb sind nur noch drei Spiele auszutragen. Die Hoffnung ist natürlich, dass diese irgendwie durchgeführt werden können. Wenn der Wettbewerb abgebrochen wird, kann auch kein Verein zur Teilnahme am DFB-Pokal melden. Ein Losentscheid kommt aufgrund der damit verbundenen Willkür nicht in Betracht. Eventuell besteht die Möglichkeit, dass der Verband und noch teilnehmenden Vereine eine gemeinsame Lösung finden, sei es durch Geisterspiele oder auch nur Elfmeterschießen. Wer besitzt die Entscheidungsgewalt über einen möglichen Saisonabbruch? Die Entscheidungskompetenz für den Amateur-Fußball liegt bei den DFB-Mitgliedsverbänden sowie den Landesverbänden, die sich darin jeweils zusammengeschlossen haben. So interpretiere ich zumindest den Zusatz in § 7 DFB Spielordnung, wo es heißt, dass der DFB und seine Mitgliedsverbände für Ihre Spielklassen abweichende Regelungen für das Ende des Spieljahres und den Beginn des folgenden Spieljahres beschließen können.

Gibt es Möglichkeiten zu klagen für Vereine, die durch die Entscheidung über eine Fortsetzung oder einen Abbruch benachteiligt würden? Klagemöglichkeiten gibt es immer. Vorstellbar ist zum einen eine Klage, die sich auf Zugehörigkeit zu einer bestimmten Spielklasse richtet (die jetzigen unangefochtenen Tabellenführer möchten sich für die nächste Saison in die nächsthöhere Klasse einklagen). Zum anderen kann man an eine Schadensersatzklage denken, wenn Vereine, die entweder rechnerisch schon aufgestiegen sind oder aber aller Voraussicht nach aufsteigen werden, den Schaden ersetzt haben wollen, der ihnen entsteht, dass sie in der kommenden Saison eben doch nicht in der höheren Klasse spielen. Schadenersatz setzt aber in aller Regel auch ein Verschulden voraus, wo ich für den klagenden Verein die wohl größten Schwierigkeiten sehe.

Gibt es für Sie ein Szenario, das aus juristischer Sicht wasserdicht ist? So ein Szenario wird es sicherlich geben, zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber ungemein schwierig zu sagen, welche Lösung sich letztlich als „wasserdicht“ herausstellt. Die Statuten und Spielordnung vom DFB und den Landesverbänden waren und sind in Bezug auf die derzeitige Situation lückenhaft. Teilweise wurden die Lücken bereits gefüllt, jetzt kommt es auf die Verbände an, die teilweise im Spannungsfeld stehenden Interessen und Prinzipien des Vertrauensschutz, der Gleichbehandlung, der Wahrung der Interessen der Verbände und der Vereine, des fairen Wettbewerbs und auch Interessen wirtschaftlicher Art in Einklang zu bringen.

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