Es war wirklich kein Fest für die Augen, was Borussia Dortmund beim Club Brügge bot. Wenig Tempo, wenig Inspiration, wenige Ideen – und entsprechend wenige Torchancen gegen den belgischen Meister, der bei allem Respekt auf dem Papier mindestens eine Gewichtsklasse unterhalb der Dortmunder einzusortieren ist.
Dass der BVB das erste Champions-League-Spiel trotzdem gewann, darf sich Trainer Lucien Favre bei allem dafür nötigen Glück als weiteren kleinen Erfolg seiner Anfangszeit in Dortmund zuschreiben lassen. Denn dem Schweizer scheint gelungen, woran seine Vorgänger zuletzt reihenweise verzweifelten: dem BVB eine stabile Defensive zu verpassen.
Auch Bosz startete beim BVB gut
Natürlich muss man vorsichtig mit einer solchen Momentaufnahme sein. Favres Vor-Vorgänger Peter Bosz blieb in seinen ersten fünf Bundesligaspielen ohne Gegentor, bevor sie getreu dem Ketchupflaschen-Prinzip gehäuft kamen. Favre aber hat schon anderswo nachgewiesen, dass er sich auf das Errichten stabiler Abwehrreihen versteht. Der 60-Jährige ist viel mehr Fußball-Pragmatiker, als die meisten Beobachter meinen. Wie bislang überall baut er auch in Dortmund die Mannschaft von hinten nach vorne, setzt erst einmal auf eine stabile Defensive – und dann soll nach und nach das spielerische Element kommen.
Vor allem dank der neugewonnenen Stabilität entscheidet der BVB nun Spiele für sich, die er in der vergangenen Saison wohl nicht gewonnen hätte. Und deswegen steht er nach fünf Pflichtspielen mit vier Siegen und einem Unentschieden da – natürlich einem 0:0. Das nämlich ist die Kehrseite: Nach vorne ist noch alles arg zäh, arg schematisch, mehr auf Stabilität als auf Überraschung ausgelegt. Seiner Mannschaft ein gefährlicheres Offensivspiel an die Hand zu legen, wird nun die nächste große Aufgabe für Favre. Um in der Bundesliga unter den ersten Vier zu landen, wäre das wohl nicht einmal nötig. Will man aber weiter zur erweiterten europäischen Spitze zählen, ist es unabdingbar.
Autor: Sebastian Weßling