Seit Montag ist Sebastian Rudy ein Schalker. Es blieb ihm bisher also nicht sonderlich viel Zeit, um sich an alles Neue zu gewöhnen. An neue Mitspieler, an eine neue Umgebung, an neue Farben und neue Fans. Und auch an den Gedanken, auf Anhieb eine wichtige Rolle spielen zu müssen. Denn das erwarten viele Anhänger der Königsblauen von dem vom FC Bayern München gekommenen Nationalspieler: dass er schon am Sonntag im ersten Heimspiel der Saison gegen Hertha BSC (18 Uhr/Sky) dem Team, das zum Auftakt beim VfL Wolfsburg enttäuschte und verdient mit 1:2 verlor, als Organisator und Abräumer im defensiven Mittelfeld mehr Struktur und mehr Sicherheit geben möge.
Ist das zu viel verlangt von einem Neuen? Wird durch die hohen Erwartungen etwas zu viel Druck ausgeübt auf den WM-Teilnehmer, der sich beim einzigen deutschen Sieg in Russland im zweiten Gruppenspiel gegen Schweden als großer Kämpfer erwies und trotz eines Nasenbeinbruchs unbedingt weiterspielen wollte?
"Ein ganz feiner Kerl"
Domenico Tedescos Gesicht verrät Freude, als er auf Sebastian Rudy angesprochen wird. Der Schalker Trainer hat seinen Wunschspieler bekommen, und der 28-Jährige hat ihm gleich in der ersten Woche gezeigt, dass er die Wertschätzung bestätigen möchte. „Er macht seine Sache sehr gut“, sagt Tedesco und gerät dann ins Schwärmen: „Er hat eine beneidenswerte Ruhe am Ball, er löst sich auch aus Drucksituationen. Außerdem ist er ein ganz feiner Kerl und ein sehr intelligenter Junge. Wir sind glücklich darüber, dass er bei uns ist.“ Und den Druck, meint Tedesco, „den macht er sich schon selbst“.
Als Tedesco den früheren Stuttgarter, Hoffenheimer und Münchener vom FC Schalke überzeugte, beließ er es nicht bei Lobhudeleien. Der Trainer zeigte dem Spieler anhand von Videomaterial auch auf, wo er noch Verbesserungsbedarf erkannt hat – und dass er daran mit ihm arbeiten wollte. Es sagt vieles über Sebastian Rudy aus, dass auch das für ihn dann einer der Gründe war, nach Schalke zu wechseln: „Es war natürlich super, dass er nicht nur gezeigt hat, was ich gut mache. Er hat mir nicht nur Honig ums Maul geschmiert.“
Rudys Einsatz am Wochenende noch offen
Tedesco deutet an, worum es ihm da geht: „Wir wissen, dass wir noch eine gewisse Offensivstruktur reinkriegen müssen“, sagt er. Soll heißen: Hinten ist auf Rudy bereits voll Verlass, im Spiel nach vorne könnte er noch stärker werden. „Wir nehmen uns mit ihm die Zeit, die wir brauchen“, fügt der Trainer hinzu.
Aber Fußball ist halt kein Geschäft, in dem besonders viel Geduld gewährt wird. Natürlich erhofft sich Schalke 04 langfristig eine Verstärkung durch Rudy, aber am Sonntag steht nun mal ein wichtiges Spiel gegen Hertha an. Und da wäre es schon ganz schön, wenn der Neue sofort einschlagen würde. Der Trainer hat noch offen gelassen, ob der Neuzugang schon für die Startelf nominiert wird. Rudy selbst ist bereit, er ist überzeugt davon, die richtige Wahl getroffen zu haben. „Schalke ist ein Wahnsinnsklub“, sagt er. Wer will ihm da widersprechen?
Autor: Peter Müller