Als Christian Titz kurz vor dem Trainingsstart als neuer Trainer von Rot-Weiss Essen vorgestellt wurde, gab es unter den RWE-Fans zwei Lager. Die einen freuten sich und sahen sich nach der Verpflichtung eines prominenten Profi-Trainers ihrem Aufstiegstraum einen Schritt nähergekommen zu sein. Die anderen, die Zweifler, hielten den 48-jährigen Fußballlehrer für zu gut, zu professionell für Rot-Weiss Essen, seine Viertliga-Spieler und die Regionalliga.
Klar: Mit Titz' Kommen, aber auch Jörn Nowaks Verpflichtung, wehte ein anderer Wind durch die Katakomben im Stadion Essen. Das war auch für die Spieler eine große Umstellung. Die medizinische Abteilung, die Pflege vor und nach den Spielen, die Freizeitgestaltung, das Miteinander vor und nach den Partien: In diesen Abläufen hievte sich RWE auf eine andere, höhere Ebene. Eben auf eine, die Titz aus der ersten und zweiten Bundesliga vom Hamburger SV kannte. Die RWE-Verantwortlichen um Marcus Uhlig an der Vorstands-Spitze versuchten dem Trainer diese Wünsche, die abseits des Sportlichen, aber für die Mannschaft sehr wichtig sind, zu erfüllen.
Die Voraussetzungen wurden geschaffen. Titz und sein Team danken es den Verantwortlichen mit dem Erfolg. Dieser steht nämlich über allem.
Titz wiederholt es immer wieder und gerne: "Hier geht es nicht um mich oder einzelne Spieler. Hier geht es um diesen tollen Verein: Rot-Weiss Essen. Wir arbeiten hier für den Erfolg von RWE."
Diese Ansage scheinen die Spieler verinnerlicht zu haben. Denn anders ist der Erfolgslauf der Essener nicht zu erklären. Titz hat bis auf Cedric Harenbrock und Philipp Zeiger eigentlich stets 23 gesunde Spieler zur Verfügung gehabt. Mittlerweile sind auch Harenbrock und Zeiger zurück. So dass dem Trainer 25 fitte Akteure zur Verfügung stehen. Ein Luxusproblem. Woche für Woche muss er mehrere gute Regionalligaspieler auf die Bank und die Tribüne setzen.
Doch es gibt kein Meckern, keine Kritik am Trainer seitens der Spieler. Die Akteure machen die Faust in der Tasche und arbeiten hart weiter. Es scheint keine Missgunst, keinen Neid in der Mannschaft zu geben. Denn spätestens nach den drei Niederlagen gegen Verl, Borussia Mönchengladbach II und Fortuna Köln hätten die ersten RWE- oder Titz-Kritiker erwartet, dass es nun schwer für den Trainer werden könnte. Immerhin hatte er von Saisonbeginn an gerne die Startelf mehrfach durchgewechselt oder gar Auswechselungen in der ersten Halbzeit vollzogen. Sogar Kapitän Marco Kehl-Gomez wurde zu Beginn der Saison noch vor dem Halbzeitpfiff ausgewechselt. Nach den drei Pleiten wechselte Titz auch noch den Torwart.
Es gibt nicht wenige Trainer, denen solche Aktionen - vor allem in einer Phase eines Negativlaufs - um die Ohren geflogen wären. Denn oftmals lassen Spieler solche Dinge nicht mit sich machen. Vor allem auch erfahrene Jungs wie Hamdi Dahmani, Dennis Grote oder Marcel Platzek bekamen Titz' Rotation oder Wechselspiele am eigenen Leib zu spüren. Alle drei machten schon mit der Startelf, der Bank, aber auch der Tribüne ihre Bekanntschaft. Vor allem die Tribüne dürfte für dieses Trio völliges Neuland gewesen sein.
Doch auch sie kämpften und kämpfen weiter, und ordnen sich dem Erfolg von Rot-Weiss Essen unter. Die Niederlagenserie von drei Spielen konterte die Mannschaft mit fünf Siegen in Folge. Spätestens die bärenstarke Leistung gegen Alemannia Aachen hat nochmals verdeutlicht, dass mit RWE in dieser Saison bis zum Schluss zu rechnen sein wird. Denn Titz' Plan geht auf - die Mannschaft geht für den Erfolg von Rot-Weiss Essen durchs Feuer.
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