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Köln - Schalke
Streit erklärt, warum er zum FC hält

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Albert Streit und der FC Schalke 04 - diese Beziehung gilt als eines der größten Missverständnisse der Klubgeschichte. Der 38-Jährige erklärt seine Sicht.

Albert Streit geht es gut. Fußball ist in seinem Leben nur noch dann wichtig, wenn er mit seinem sechsjährigen Sohn Luca im Garten spielt. Im Sommer wird der heute 38-Jährige zum dritten Mal Vater.

Wenn auf Schalke der Name Albert Streit fällt, gerät so mancher Fan allerdings noch immer in Rage. Im Winter 2008 unterschrieb er für vier Jahre bei den Königsblauen, wurde aber nach nur einem Jahr suspendiert. Streit kündigte daraufhin an, seinen Vertrag aussitzen zu wollen. Was folgte, war eine üble Schlammschlacht, die erst im November 2011 vor dem Arbeitsgericht endete. Im Interview mit der WAZ spricht Albert Streit, der seine Karriere vor vier Jahren hat bei Fortuna Köln ausklingen lassen, über seine Zeit bei den Königsblauen, seinen Lamborghini und das Spiel heute Abend im DFB-Pokal gegen den 1. FC Köln, für den Streit ebenfalls spielte.

Herr Streit, schauen Sie am Mittwochabend das Pokalspiel zwischen Ihren ehemaligen Vereinen?

Streit: Ich habe mehrere ehemalige Klubs. Gegen wen spielt Schalke denn? (lacht). An meiner Antwort ist schon abzulesen, dass der Fußball im Moment sehr weit weg ist für mich. Das ist alles nur noch Theater, eine irreale Welt.

Schalke tritt beim 1.FC Köln an. Wem gönnen Sie den Einzug in die nächste Runde denn mehr?

Auf jeden Fall den Kölnern. Zum einen war meine Zeit in Köln deutlich schöner als auf Schalke. Zum anderen leben wir in Köln, die Stadt ist unsere Heimat geworden. Wir wohnen ganz in der Nähe des Stadions.

Skandalprofi, Gescheiterter oder Geldgeier sind Schlagwörter, die man schnell findet, wenn man im Internet nach Albert Streit sucht. Haben Sie Sorge, wenn Ihre Kinder irgendwann mal den Namen ihres Vaters in die Suchmaschine eintippen?

Nein, im Gegenteil. Meine Kinder sollen stolz auf mich sein, weil ich ein guter Vater für sie bin. Nicht, weil ich Fußball gespielt habe. Und was sollen sie schon Schlimmes über mich lesen? Ich bin doch kein Schwerverbrecher gewesen. Ich bin stolz auf meine Zeit als Profi. Jeder Junge, der gerne Fußball spielt, träumt davon, Bundesliga zu spielen. Ich habe es geschafft. Auch auf die Zeit bei Schalke bin ich stolz, weil ich unheimlich viel gelernt habe. Schalke war eine wichtige Lebenserfahrung für mich.

Aber sportlich war es eine Zeit voller Enttäuschungen. Viele Faktoren haben eine Rolle gespielt, dass es auf Schalke nicht lief. Ich war zum Zeitpunkt des Wechsels verletzt und entsprechend unzufrieden. Ich habe mich nicht wohlgefühlt. Ich habe dann recht früh angeboten, meinen Vertrag aufzulösen, das wurde abgelehnt. Beide Seiten hätten sich im Nachhinein eine Menge Ärger ersparen können. Wäre ich nochmal in der damaligen Situation, mit der Lebenserfahrung von heute, das gebe ich zu, würde ich einige Dinge anders machen. Ich hätte gewisse Sätze nicht sagen sollen.

Etwas den Satz „Ich habe hier den besten Vertrag meines Lebens unterschrieben. Wer verzichtet schon freiwillig auf so viel Geld“? Manchmal ist es eben besser, eine Nacht darüber zu schlafen, als sein Herz direkt sprechen zu lassen. Ich saß im Auto, hatte zuvor mal wieder Diskussionen mit dem Trainer und dem Management, weil sie mir erneut Dinge vorgeworfen haben, die nicht der Wahrheit entsprochen haben. Heutzutage wird doch nach jedem Spiel das gleiche erzählt. Nämlich gar nichts. Niemand will und darf mehr anecken. Genauso läuft es bei Vereinswechseln.

Wie läuft es denn bei Wechseln? Wenn es ins Ausland geht, heißt es doch immer: Ich will eine andere Sprache erlernen und eine neue Kultur kennenlernen. Alles Quatsch. Als Fußballprofi habe ich nach meiner Karriere noch genügend Zeit, um das zu tun. Ich habe die Möglichkeit, überall hinzureisen, wohin ich will. Wer den Verein wechselt, will mehr Geld verdienen, allein der finanzielle Aspekt ist der Grund. Das gilt auch für Wechsel innerhalb der Bundesliga. Das ist ja auch nicht verboten. Aber niemand spricht es aus.

Sie vermissen also die Typen mit Ecken und Kanten. Ja. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich so wenig Fußball schaue. Wer nach einer Auswechslung sein Trikot wütend in die Ecke wirft und nicht jedem sofort die Hand reicht, gilt gleich als Ego-Spieler und muss sich öffentlich entschuldigen, um eine interne Sperre zu umgehen. Wer mir gefällt, ist Max Kruse. Er ist ein gutes Beispiel, dass ein Spieler seine eigene Meinung äußern kann und trotzdem Kapitän und Leistungsträger eines Bundesligisten sein kann.

Aber konnten Sie nicht verstehen, dass Ihnen die Fans auf Schalke einige Aussagen krummgenommen haben? Dass Sie nach Ihrer Suspendierung im Lamborghini zu einem Testspiel der U23 gefahren sind, hat ebenfalls nicht dazu beigetragen, ihr Image zu verbessern.

Soll ich den Leuten den Gefallen tun und das machen, was sie von mir erwarten? Das war ich nicht und das bin ich auch heute nicht. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Jahre erfolgreich Fußball gespielt. Ich habe meine Autos mit dem Geld bezahlt, das ich selbst verdient habe. Ich habe meine Autos nicht gestohlen oder sie mir auf anderen illegalen Wegen beschafft. Mein Vater hat bei Porsche am Fließband gearbeitet und mich als Zehnjähriger mal mit ins Werk genommen. Seitdem sind Autos meine große Leidenschaft. Wäre ich im Smart zum Spiel gekommen, hätte es geheißen, dass der Streit sein ganzes Geld verprasst hat. Selbst wenn ich mit dem Fahrrad gekommen wäre, wäre es falsch gewesen. Was mir auf Schalke für ein Hass entgegengebracht wurde, war extrem.

Inwieweit extrem? Fans sind mir nachgefahren, sind mir bis zur Haustür gefolgt. Ich wurde bespuckt, bei einem Spiel der U23 sollen einige sogar versucht haben, mich anzupinkeln. Egal, was zuvor vorgefallen ist, oder was ich aus Sicht des Vereins falsch gemacht habe - das hätte Schalke nicht tolerieren dürfen. Das hat etwas mit Menschenwürde zu tun.

Was antworten Sie Ihrem Sohn, wenn er in ein paar Jahren sagt: Papa, ich möchte auch Fußballprofi werden? Dann sage ich ihm: Gib alles, von nichts kommt nichts.

Autor: Christoph Winkel

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