Ihn auf dem Platz wiederzusehen, wird jeden Fan von Rot-Weiß Oberhausen freuen: Alexander Scheelen kehrte nach seiner Lymphdrüsen-Krebserkrankung in sein Fußballer-Leben zurück. Im großen Comeback-Interview spricht er ehrlich und reflektiert über seine Leidenszeit, seine aktuelle Gesundheit und den Tag des Comebacks im Stadion Niederrhein.
Willkommen zurück Herr Scheelen. Nach über einem Jahr sind Sie wieder auf dem Platz und trainieren komplett mit der Mannschaft. Wie fühlt es sich an nach so einer langen Zeit zurück zu sein? Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Einfach wieder dabeizusein und Vollgas zu geben, das alles mit der Gewissheit, dass alles in Ordnung ist. Das ist ein klasse Gefühl. In den letzten Wochen konnte ich es kaum abwarten, dass es wieder losgeht. Ich war beim Großteil der Spiele in der Hinrunde im Stadion. Das tat natürlich weh, nicht mitmachen zu können, vor allem, wenn man weiß, dass man sehr lange fehlt. Während meiner Erkrankung hatte ich jedoch regelmäßig Kontakt zur Mannschaft. Ich war immer in der Nähe. Das hat alles gepasst.
Sie sprechen die lange Leidenszeit bereits an. Würden Sie uns vielleicht chronologisch etwas durch diese Phase ihres Lebens führen? Natürlich. Ich kann über diese schwere Zeit in meinem Leben offen reden und habe da kein Problem mit. Es begann alles vor fast genau einem Jahr mit einem kleinen Knubbel in der Leiste. Ich hatte aber keine Schmerzen und auch keinen Leistungsabfall. Es stellte sich jedoch heraus, dass es ein bösartiger Tumor ist, der nur mit einer Chemotherapie behandelbar sei. Es war ein Schock. Ich wusste nicht, was auf mich zukommt. Relativ zeitig nach der Diagnose habe ich dann mit Benjamin Köhler telefoniert, den ja das gleiche Schicksal ereilt hatte. Er bereitete mich etwas auf die schlimme Zeit vor, aber die Chemo traf mich dann doch nochmal richtig hart. Ich musste einmal durch die Hölle gehen. Ich hatte kaum Kraft, mir die Zähne zu putzen. Doch dort, wo ich meine Behandlung gemacht habe, sah ich auch, dass es Menschen gab, die deutlich schlimmer dran waren als ich - und das in einem noch geringeren Alter. Mein Arzt sagte mir dann, ich hätte gute Heilungschancen. Mit diesen Eindrücken und der Hoffnung wusste ich: Jetzt musst du kämpfen und einfach da durch.
Wie haben Sie sich dann wieder an das Mannschaftstraining herangearbeitet, um jetzt wieder fast voll leistungsfähig zu sein? Ich war kräftemäßig am Ende. Für einen jungen Menschen wie mich ist es einfach ein riesiger Kräfteschwund. Vor der Chemo denkt man sich: ‚Alles egal, ich bin jung, ich hab die Kraft‘. Man denkt nicht darüber nach, dass das alles mal weg sein könnte. Genau das trat in der Behandlung dann ein. Der Weg zurück zu meiner Energie war lang. Er zog sich tatsächlich ein halbes Jahr, bis ich kräftemäßig annähernd wieder an dem Punkt war, den ich gekannt habe. Als es mir besser ging, bin ich dann auch wieder zum Training gegangen. Ich habe mich umgezogen, immer ein bisschen abseits. Ich hab mein eigenes Ding gemacht. Jetzt bin ich offiziell wieder gesundgeschrieben und wieder da. Natürlich fehlt mir noch die Ausdauer, aber das wird kommen. Da mache ich mir keinen Druck.
Im Test gegen Bocholt durften Sie sogar wieder eine halbe Stunde Wettkampf-Luft schnuppern. Ja, das war ein schöner Moment. Es hat sich wieder so angefühlt wie früher. Trotzdem muss ich zugeben, dass es nicht so emotional war, wie ich es mir vorgestellt habe. Die anderen Jungs hatten ja auch Spielpause. Wir sind jetzt halt zusammen wieder eingestiegen, nur dass ich etwas länger weg war. Insgesamt bin ich aber wieder gut reingekommen. Ich habe keine großen Fehler in meinem Spiel gehabt. In dem Eisschrank in Bocholt zu spielen, war aber ehrlich gesagt etwas schwierig.
Der Tag des Comebacks im Stadion Niederrhein vor den RWO- Fans wird kommen. Wie sehr fiebern Sie diesem Moment entgegen? Ja, dieser Moment wird kommen. Es wird emotional, gar keine Frage, aber ehrlich gesagt mag ich es nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Ich freue mich, wieder vor den Fans aufzulaufen, Gas zu geben, keine Rücksicht mehr auf irgendwas nehmen zu müssen und wieder 100 Prozent in jedem Zweikampf zu geben. So, wie man mich halt vor der Krankheit kannte. Ich bin froh, wenn dieser Moment gekommen ist, aber dann auch genauso froh, wenn er vorbei ist, denn dann weiß ich: Ich bin wieder voll und ganz angekommen. Das war die ganze Zeit das Ziel, für das ich gekämpft habe.
Interview: Philip Ronden