Man kann in den letzten Jahren fast die Uhr danach stellen. Spätestens im September oder Oktober befindet sich der Regionalligist Rot-Weiss Essen in der Krise - und die Meisterschaft wird zu einer Art monatelanger Anreihung von Freundschaftsspielen. So begann der Kommentar am 8. Oktober 2017. Ein Jahr später - die selbe Thematik.
Auch im achten Anlauf in der Regionalliga West ist das Thema 3. Liga wieder außer Reichweite. Rot-Weiss Essen liegt 13 Punkte hinter dem bisher stabil auftretenden Tabellenführer Viktoria Köln und damit auch hinter den eigenen Erwartungen zurück. Aber: die Situation ist nicht zu vergleichen mit den Vorjahren.
Denn: Nach der 0:1-Niederlage im vermeintlichen Aufstiegsendspiel gegen Viktoria Köln ernteten die Rot-Weissen Applaus aus der Westkurve. Anerkennung für den Aufwand, für die spielerische und kämpferische Leistung. Im Vorjahr war das noch anders. Da war die Geduld schon nach wenigen Spielen komplett weg. Da hagelte es beispielsweise trotz einer 1:0-Halbzeitführung im Heimspiel gegen Wegberg-Beeck Pfiffe für das eigene Team.
Dass nun so viel anders ist, liegt auch an der Personalie Karsten Neitzel. Mit seinem emotionalen Wesen und seiner Art Fußballspielen zu lassen, hat er die Fans merklich auf seiner Seite. Das Auftreten stimmt, der Ertrag der letzten sechs Spiele jedoch bei weitem nicht. Sein Appell vom vergangenen Samstag dürfte daher von vielen nicht unerhört bleiben. „Es darf nicht passieren, dass es Gruppen gibt, die sich einzelne Spieler herausgreifen und mit denen bei uns an der Hafenstraße so umgehen, wie sie es tun“, richtete er scharfe Worte an den Teil der Fans, der im jetzigen Saisonstadium bereits fleißig nach Schuldigen Ausschau hält, diese in einigen wenigen Spielern gefunden hat und auch nicht davor zurückschreckt Lügen über soziale Netzwerke zu verbreiten. „Das ist nicht Rot-Weiss Essen“, setzte der Fußballlehrer obendrauf. Wobei auch hier nicht verwechselt werden darf: Kritik ist erlaubt, Mobbing gegen einzelne Spieler oder Verantwortliche ist komplett kontraproduktiv.
Ob sich diese wenigen Fans wieder einfangen lassen, das zeigen spätestens die kommenden Spiele in Wattenscheid und vor allem zuhause gegen den Erzrivalen Rot-Weiß Oberhausen. Bis dahin hat sich die personelle Lage im Kader wieder etwas entspannt. Bei 13 Punkten Rückstand aud den Spitzenreiter kommt das aber wohl auch schon zu spät. Klar ist dennoch: Irgendwann wird es nicht mehr ausreichen, im Ansatz attraktiv zu spielen und zu kämpfen. Ergebnisse müssen her, sonst könnte die jetzige Krise wieder derart ausarten, dass man sich doch an die letzten Jahre zurückerinnert.
Autor: Stefan Loyda