Simon Henzler

Der Herr der Schalke-Torhüter

27 Spieler umfasst der Schalker Profikader, aber mittendrin gibt es dabei eine kleine Gruppe, die von sich selbst behauptet, ein eigenes „Team im Team“ zu sein: Es sind die drei Torhüter Ralf Fährmann, Alexander Nübel und Michael Langer. Beim Training arbeiten sie oft in einer Ecke des Platzes in ihrer kleinen Gruppe – während die Feldspieler unter der Leitung von Domenico Tedesco ihre Spielformen einüben, gibt bei den Torhütern Simon Henzler das Kommando. Der 41-Jährige ist in der vierten Saison der Torwart-Trainer bei den Königsblauen – er ist auf Schalke der Herr der Torhüter.

Auch Henzler hält den Begriff vom „Team im Team“ hoch, er sagt: „Wir sind ein eingeschworener Haufen.“ Sein Job ist es, die Torhüter nicht nur in Form zu halten, sondern auch bei Laune und Motivation. Denn jeder der drei hat andere Ansprüche und Ambitionen, aber alle müssen an einem Strang ziehen.

Doch in seinem Team gibt es keinen Mann mit Macke – es gibt keine Kämpfe untereinander wie früher bei der Nationalmannschaft mit Oliver Kahn und Jens Lehmann. Henzler: „Wir haben ein gutes Klima. Dank der klaren Hierarchie sind wir da sehr gut aufgestellt.“ Die Atmosphäre ist gut, weil jeder seinen Platz kennt: Ralf Fährmann sei „die klare Nummer eins“, Alexander Nübel „der junge Herausforderer“ und Michael Langer „der Backup“, der sich für den Notfall bereit hält. „Alle funktionieren und unterstützen den Ralf“, beschreibt Henzler den Teamgeist in seinem Team.

Der einzige, der überhaupt ein Interesse daran hat, dass die klare Hierarchie eines Tages auch mal geändert werden könnte, ist Alexander Nübel (22). Der U21-Nationaltorwart scharrt in seinem vierten Jahr auf Schalke mittlerweile schon ein wenig mit den Hufen – Henzler bestätigt: „Er wird langsam selbstbewusster, auch durch seine Länderspiele bei der U21.“ Aber Nübel ist nicht der Typ, der seinen Ehrgeiz nicht in vernünftige Bahnen lenken kann. Und außerdem weiß er, dass Fährmann intern als absolut unantastbar gilt. Auch Henzler legt sich fest: „Es gibt keinen Grund, an der Hierarchie zu rütteln.“

Im Moment helfen Nübel noch seine Einsätze bei der U21-Nationalmannschaft, um sich weiter zu entwickeln. Denkbar ist aber, dass ihn Schalke in der kommenden Saison an einen anderen Verein ausleiht, um seinem Ehrgeiz Rechnung zu tragen. „Man muss schauen, dass Alex vielleicht irgendwo anders Spielpraxis bekommt. Klar ist, dass er nicht nochmal drei Jahre auf der Bank sitzen möchte“, verrät Henzler. Er traut seinem Zögling die Bundesliga allemal zu, aber noch nicht ohne Wenn und Aber: „Er ist ein junger Torwart. Wenn er von heute auf morgen spielen müsste, würde er auch Fehler machen – darüber sind wir uns alle einig. Das ist völlig normal, wenn du wenig Spielpraxis hast.“ Aber die Veranlagung für die Bundesliga bringe Nübel mit – in manchen Bereichen gilt er Fährmann sogar als überlegen.

Dass Ralf Fährmann (30) gesetzt ist, bleibt auf Schalke Gesetz – da ist für Henzler kein Ende in Sicht: „Er ist im besten Torwart-Alter, will sich jeden Tag weiterentwickeln, ist positiv verrückt. Wenn er körperlich fit bleibt, sehe ich keinen Grund, warum er in den nächsten Jahren nicht spielen sollte.“ Fährmann hält mit seinem riesigen Ehrgeiz auch den Trainings-Geist in der Torwart-Gruppe hoch. „Ich habe noch nie einen Torwart gesehen, der so trainingsbesessen ist“, verrät der Herr der Schalker Torhüter. In den vergangenen Tagen wurde Fährmann wegen leichter Knieprobleme und einem kleinen Hautinfekt eine Pause verordnet – dies sei „der Horror für ihn“, sagt Henzler und deutet auf den Kabinentrakt: „Du musst den echt da oben festbinden.“

Wer viele Tore kassiert, muss zahlen

Simon Henzler sieht seine Rolle auf Schalke aber nicht nur als Fährmanns Förderer: „Ich bin für jeden einzelnen da, für Ralf genauso wie für Michael.“ Auch dem 33 Jahre alten Österreicher, der nur für den Fall vorgesehen ist, wenn sich Fährmann oder Nübel verletzen, würde er die Bundesliga zutrauen: „Ich hätte bei ihm überhaupt keine Bauchschmerzen.“ Auch Langer sei das „gute Klima“ im Torwart-Team zu verdanken – daher nimmt ihn Schalke auch zu allen Champions-League-Spielen mit, obwohl er für die Königsklasse gar nicht auf der Liste der gemeldeten Spieler steht.

Schalkes „Team im Team“ ist schon eine Gruppe für sich: Die Torhüter führen eine eigene Torwart-Kasse – wer beim Training die meisten Treffer kassiert, muss am Ende einzahlen. Henzler ist der Herr der Torhüter und legt großen Wert darauf, dass sich sein Trio immer am Limit bewegt: „Es gibt kaum Momente, in denen ich stinkig werde – nur wenn es mal irgendwo schleift, aber die Jungs machen es mir leicht“, sagt er und lächelt: „Da gibt es ganz andere Vereine und ganz andere Torhüter-Typen...“ Und vielleicht nicht so ein Team im Team.

Autor: Manfred Hendriock