Natürlich tat das Ende allen Schalkern weh. Die Königsblauen hatten einem internationalen Top-Team die Stirn geboten, sie hatten sich auch von einem unnötigen 0:1-Rückstand nicht umhauen lassen. Sie führten gegen das weltweit hochgelobte Ballkünstler-Ensemble von Manchester City nach 85 Minuten mit 2:1.
Dann kamen Leroy Sanés Traum-Freistoß und Raheem Sterlings Siegtreffer – und so blieb am Ende nicht ein übergroßes Glücksgefühl, sondern tiefe Enttäuschung. Die individuellen Fehler und die unkluge Spielweise in der Schlussphase hatten die Stimmung unter vielen Schalke-Fans kippen lassen: von Stolz auf die Mannschaft auf Verärgerung über die Mannschaft.
Und dabei war beides berechtigt, auch der Stolz. Denn Schalkes viel zu oft langweilig und uninspiriert spielendes Team hatte doch nachgewiesen, dass es lebt. Einer kämpfte für den anderen, es wurde gerannt und gegrätscht – ohne Ehrfurcht vor dem Giganten.
Schalke-Trainer Domenico Tedesco verzweifelte
Fehlte den Schalkern in der Schlussphase dann doch der Mut? Nein, das war eher nicht das Problem. Was dem krassen Außenseiter zum Verhängnis wurde, war fehlende Cleverness. Manchester City war zu Zehnt, nachdem Nicolas Otamendi in der 68. Minute Gelb-Rot gesehen hatte. Zu diesem Zeitpunkt stand es 2:1 für Schalke. Da muss man sich besonders klug verhalten. Den Ball in den Reihen halten, wann immer es gegen ein so spielstarkes Team möglich ist. Den Überblick behalten. Nicht nervös werden, nicht hektisch werden. Trainer Domenico Tedesco verzweifelte, als er sah, dass ein Einwurf leichtfertig nach vorne geworfen wurde, hinein in einen Zweikampf. Wäre er nach hinten geworfen worden, hätte das wieder zwei Minuten mehr Zeitgewinn bedeuten können.
Und eines sollte man dann auch nicht unterbewerten: Wenn ein Leroy Sané so einen Freistoß aus dem Fußgelenk zaubert, dann ist das eben genau der Qualitäts-Unterschied, der sich auch durch Einsatz und Leidenschaft nur begrenzt wettmachen lässt. Solche Ausnahme-Fußballer entscheiden Spiele. Schalke hat solche Stars nun mal nicht.
Schalkes Werte sind traditionell andere. Zusammenhalt zählt ganz sicher dazu. Deshalb ist es ein Unding, dass es nicht wenige Schalke-Fans gibt, die sich jetzt an Ralf Fährmann abarbeiten. Auch im Stadion war schon vereinzelt Gehässiges zu vernehmen, in die sozialen Medien sollte der Kapitän besser keinen Blick werfen. Ja, er hat das Führungstor verschuldet und sah auch bei Manchesters Siegtreffer nicht gerade gut aus. Aber ein Schalker, dem jahrelang nichts vorzuwerfen war, hat auch in solchen für ihn schwierigen Phasen Respekt verdient. Autor: Peter Müller