Das Handy hatte Jan Gyamerah am Montag zur Seite gelegt. Er wusste, dass sein Abgang offiziell gemacht werden würde. Doch einen Tag später war er wieder erreichbar. Mit RevierSport sprach das VfL-Eigengewächs exklusiv über seinen Abschied: „Ich habe meine Entscheidung getroffen. Mit dem VfL und Sebastian Schindzielorz ist alles sauber abgelaufen, zwischen uns ist alles gut. Ich werde mich bis zum Ende voll reinhängen, um den bestmöglichen Erfolg mit dem VfL feiern zu können.“
Nachdem sein Abgang öffentlich geworden ist, [article=409179]prasselte in den sozialen Netzwerken zum Teil massive Kritik auf den gebürtigen Berliner ein[/article]. Die VfL-Fans warfen ihm vor allem Undankbarkeit vor. Hintergrund: Nachdem Gyamerah 2013 seinen Profivertrag in Bochum unterschrieben hatte, begleiteten ihn zunächst zahlreiche Verletzungen. In der Saison 2014/2015 setzten ihn Adduktorenprobleme für 512 Tage außer Gefecht. Seine Karriere war gefährdet. Der VfL Bochum verlängert trotzdem den Vertrag und Gyamerah schaffte den Durchbruch in der zweiten Bundesliga.
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Zu den Anschuldigungen sagte Gyamerah: „Niemand kann mir vorwerfen, dass ich gelogen hätte. Ich habe schon im Trainingslager gesagt, dass die Chancen 50:50 sind und das war auch so. Ich musste mich aber irgendwann entscheiden und wollte ehrlich mit dem VfL umgehen. Ich bin dem Verein sehr dankbar und habe mich deswegen früh entschieden, damit der Verein Planungssicherheit für meine Position hat. Ich wollte nicht taktieren und habe niemanden angelogen.“ Ein weiterer Kritikpunkt der Fans war, dass Gyamerah den Verein ablösefrei verlässt. [article=409143]VfL-Geschäftsführer Sport Sebastian Schindzielorz bezog gegenüber RevierSport ausführlich Stellung.[/article]
Angebot im Sommer war für Bochum nicht akzeptabel
„Wir hatten im Sommer eine Anfrage für Jan, die allerdings komplett unterhalb der marktüblichen Preise gelaufen ist“, sagte Schindzielorz: „In dieser Konstellation war die Anfrage für den VfL Bochum keine akzeptable Lösung.“ Der 40-Jährige erklärte weiter: „Das zweite Problem war: Wir hätten für Ersatz sorgen müssen. Und um annähernd an die Qualität von Jan zu kommen, hätten wir eine weitere Ablösesumme und ein höheres Gehalt bezahlen müssen. Wir hätten also mehr investieren müssen im Vergleich zu dem, was wir am Ende bekommen hätten. Dazu hätten wir auch unsere sportlichen Ziele gefährdet. Denn wenn ein neuer Spieler kommt, gibt es keine Garantie, dass er ganz klar besser ist.“
Ein weiteres Gegenargument für einen Verkauf im Sommer für Schindzielorz: Der VfL hätte sich der Möglichkeit beraubt, vielleicht doch noch den Vertrag mit Gyamerah zu verlängern: „Die negativen Aspekte hätten überwogen und wir hätten ein großes Problem in der Kommunikation nach außen gehabt. Frei nach dem Motto: Wir verscherbeln unsere besten Spieler, bekommen keinen adäquaten Ersatz und sind sportlich überhaupt nicht ambitioniert. Ich wiederhole: Unter den geschilderten Voraussetzungen war es für den VfL keine akzeptable Lösung.“
In Bezug auf die Fan-Kritik sagte der ehemalige Fußballprofi: „Ich muss das Thema sachlich und nicht emotional bewerten. Sachlich ist das erst einmal ein gewöhnlicher Vorgang im Profibereich. Wenn man es emotional betrachtet, kann ich es schon verstehen.“ Trotzdem hofft Schindzielorz auf die Unterstützung der Fans am kommenden Spieltag zuhause gegen den SC Paderborn: „Ich weiß, dass unsere Bochumer Fans ein gutes Gespür für die Mannschaft haben und auch hinter ihr stehen. Und Jan ist Teil der Mannschaft. Wir haben bei unserem Amtsantritt gesagt, dass wir ein Gemeinschaftsgefühl im Stadion brauchen. Ich würde mir wünschen, dass es Unterstützung und keine Pfiffe gibt.“
Autor: Christian Hoch