58 Minuten waren auf der Uhr, als Timo Brauer zum Schuss ansetzte. Und was für einer dann am Ende raus kam. Von der Strafraumkante nagelte der „Bürgermeister“, wie er genannt wird, den Ball in den Winkel. Es war der zwischenzeitliche Ausgleich bei der 1:2-Niederlage gegen den Absteiger SC Wiedenbrück. Letztendlich hat nur der Sieg zu einer Art Abschiedsmärchen gefehlt. Dass er gegen die Ostwestfalen seine fünfte Gelbe Karte gesehen hatte, machte die Partie jedoch gleichzeitig nicht nur zu seinem letzten Heimspiel, sondern zu seiner Abschiedsvorstellung.
Zumindest vorerst, wie er selber meint: „Wir warten ab, ob es wirklich das letzte Spiel in meiner Karriere für Rot-Weiss Essen war. Jemand hat euch ja mal geflüstert, dass Fußball ein dynamischer Prozess ist.“ Eine Anspielung auf ein Zitat des Vorsitzenden Marcus Uhlig. Dieser hatte die Entscheidung gegen Brauer damals gegenüber RevierSport begründet: „Eine sportliche Zukunftsplanung ist immer auch ein dynamischer Prozess, in dessen Verlauf sich Bewertungen und Meinungen auch verändern können. Hier haben wir uns nun dazu entschlossen, perspektivisch einen anderen Weg zu gehen.“ Worte, die Brauer offensichtlich getroffen haben.
Tor war für Brauer die "Krönung"
Auch das Spiel selbst, sei für Brauer eine Enttäuschung gewesen, aber: „Ich habe es trotzdem noch einmal genossen, hier zu spielen. Das Tor war dann die Krönung.“ Was ihm dieses Tor bedeutet? „Das Schöne ist: Die echten Leute, die Werte noch vertreten, wissen, was mir das bedeutet. Für diese Leute tut es mir am meisten Leid. Aber das sind die, die noch in den Spiegel gucken können. Da müssen sich andere hinterfragen.“
Insgesamt war es ein emotionaler Tag für Brauer, der ein erneutes Comeback an der Hafenstraße nicht ausschließt: „Im Leben weiß man nie. Ich habe mich jetzt mit einem Tor verabschiedet, damals mit drei und da bin ich auch wiedergekommen. Das Wichtigste ist: Im Blog „Im Schatten der Tribüne“ stand, dass der Mensch Timo Brauer immer RWE bleiben wird. Ich glaube, manchmal gibt es mehr als Fußball.“
Der Frust über die Nicht-Verlängerung sitzt jedoch anscheinend nicht nur bei Brauer tief. Auch die Fans skandierten nach dem Treffer „Außer Timo könnt ihr alle gehen“. Rufe, die auch Trainer Karsten Neitzel wahrgenommen hatte: „Ich habe sie auch gehört. Wenn Timo den Ausgleich macht und den Verein verlässt, sind sie völlig normal.“ Dass diese Rufe jedoch auch deutliche Kritik gegen den Rest der Mannschaft seien, bejahte er: „Am heutigen Tag auch zurecht.“
Autor: Stefan Loyda