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Mülheim: VfB Speldorf glücklicher Hallenstadtmeister 2006
Minimale Leistung – maximaler Erfolg

Mülheim: Rot-Weiß Mülheim "Stadtmeister der Herzen"
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Die beste Mannschaft war Galatasaray, der Stadtmeister von 2000 Fußballherzen hieß Rot-Weiß Mülheim, doch unter dem Strich gewann eiskalt der haushohe Favorit. Oberligist VfB Speldorf benötigte das Neunmeterschießen, um den tapferen A-Kreisligisten RWM im Endspiel um die Hallenstadtmeisterschaft zu bezwingen.

Momentaufnahmen am späten Abend: Im „Schrägen Eck“ in Mülheim-Winkhausen begießt die Rot-Weiß-Mannschaft den zweiten Platz. Doch so richtig ausgelassen will die Stimmung nicht werden. Zu nah dran war RWM am Erfolg. „So leicht“, sagt Betreuer Oliver Splitt, „so leicht werden wir es wohl nicht noch einmal haben.“ Spielertrainer Joachim Bohra ist völlig niedergeschlagen. Zehn Titel hat der 37-Jährige als Aktiver geholt. Zehn! Es wäre sein letzter gewesen. Ab der kommenden Saison möchte er sich auf den Trainerjob konzentrieren. In der Kabine flossen nach dem Finale deshalb Tränen bei „Jo“, berichten die Rot-Weiß-Spieler. Im „Schrägen Eck“ hockt Bohra wie ein Häufchen Elend – und ist geschüttelt von Wadenkrämpfen. 3:5 nach Neunmeterschießen – unglücklicher geht es nicht.

Ein berühmter Spruch von Gary Lineker klingt – wie die Mülheimer sagen – auf Mölmsch wie folgt: „Fußball in Mülheim ist, wenn sechs Mannschaften gegeneinander spielen und alles geben, doch am Ende gewinnt immer Speldorf.“

So paradox es klingt: Die Grün-Weißen boten eine schlechte Leistung, werden sich in den kommenden Wochen von Trainer Piero Lussu und Manager Michael Klauß einiges anhören müssen – doch sie holten den Cup. Bis zum Endspiel gewann der VfB in der Endrunde alle drei Partien nur mit einem Tor Unterschied. Die Auftritte der Grün-Weißen waren wenig inspiriert und leidenschaftslos. Daran konnten auch die 30 lautstarken Fans auf der Tribüne nichts ändern.

Die fünfstündige Mammut-Veranstaltung begann mit 15 Minuten Verspätung. Wie in jedem Jahr bildete sich vor der Kasse eine lange Schlange. Alle 2000 Zuschauer blieben dann bis zum letzten Augenblick. Die Spiele waren nicht immer hochklassig, aber zu jeder Zeit spannend. In der Gruppenphase taten sich die Favoriten schwer. Landesligist Galatasaray bezwang A-Kreisligist 1. FC Mülheim und Bezirksligist Blau-Weiß Mintard jeweils knapp mit 2:1. Oberligist VfB Speldorf gelangen gegen Bezirksligist TSV Heimaterde (3:2) und A-Kreisligist SV Rot-Weiß (1:0) ebenfalls nur glückliche Siege. Im Spiel gegen den TSV traf Dennis Rommel erst sieben Sekunden vor Schluss zum 3:2.

Überraschungen gab es im jeweils dritten Gruppenspiel. Zweimal setzten sich die Kreisligisten durch, zunächst Rot-Weiß (3:1 gegen Heimaterde), dann der 1. FC Mülheim (5:2 gegen Mintard). Highlight des kompletten Turniers war das erste Halbfinalspiel zwischen Galatasaray und Rot-Weiß. Über diese Partie wird die Mülheimer Fußballszene noch viele Jahre diskutieren. Der favorisierte Landesligist – bis dahin Sieger in allen zehn Turnierspielen – bot eine zehnminütige Fußball-Demonstration. Burhan Erkis (5.), Oguzhan Öztürk (6.) und Musa Alikilic (10.) schraubten den Pausenstand auf 3:0. Nach dem Wechsel verging den Rot-Weißen schon die Lust. Die Gala-Spieler zauberten, zeigten sehenswerte Kombinationen, donnerten das Leder an Latte und Pfosten. Lediglich Rot-Weiß-Torwart Dennis Porscha wehrte sich gegen das Debakel und parierte mehrere „Unhaltbare“. Alles lief auf das erwartet deutliche Resultat hinaus. Doch als Frank Erward zwei Minuten vor Schluss mit einem Verzweiflungsschuss auf 1:3 verkürzte, kippte völlig überraschend das Spiel. Angetrieben vor den eigenen Fans glichen Selami Günel und Daniel Weinbach innerhalb von 45 Sekunden zum 3:3 aus und brachten Rot-Weiß ins Neunmeterschießen. Dort wuchs Dennis Porscha endgültig über sich hinaus. Er wehrte drei von sechs Galatasaray-Schüssen ab. Auf dem Parkett spielten sich unglaubliche Jubelszenen ab. Die Rot-Weißen drehten ein verlorenen geglaubtes Spiel. „So ist Fußball! So ist Fußball! So ist Fußball!“, brüllten Spieler, Trainer und Fans immer wieder. Schon nach dem Halbfinale bedankte sich RWM für die Unterstützung der Fans mit „La Ola“.

Die Galatasaray-Spieler konnten es kaum glauben. Sie hatten die Zuschauer mit sensationellen Toren begeistert. Burhan Erkis – am Ende Zweiter der Torjägerliste – traf in der Gruppenphase zum Beispiel zweimal per Hacke. Galatasaray war das technisch beste Team des Turniers und blieb nach regulärer Spielzeit unbesiegt. Dennoch musste sich Gala mit Rang drei begnügen.

Lob vom Organisator Jochen Guß gab es bei der Siegerehrung trotzdem: „Ihr habt viel für Euer Image getan und Euch hier sehr gut verkauft.“ Da klatschten alle Zuschauer.

Glücklicher Sieger 2006: Oberligist VfB Speldorf. Foto: revierkick.de

So toll das erste Halbfinale war, so schleppend spielte der VfB seine Partie gegen den 1. FC Mülheim (2:1) herunter. Interessant lediglich: Rafael Synowiec erzielte beide Tore für den VfB. In dreieinhalb Jahren bei den Speldorfern hat er auf dem Feld noch kein einziges Mal getroffen. Deshalb bekam er vom Organisationsteam für dieses höchst ungewöhnliche Erlebnis ein Sixpack Bier spendiert.

Dann das Endspiel. 19.30 Uhr, die entscheidenden Augenblicke. Das Finale steht kurz bevor. Die Halle ist dunkel. Er ertönt „Lets get ready to rumble“ und „Stand up for the champions”. Gänsehaut-Stimmung. Die 20 Spielminuten laufen absolut ausgeglichen, das 1:1 ist ein logisches Resultat. Der VfB ist nicht in der Lage, den vier Klassen tieferen Kreisligisten zu beherrschen. Die Techniker Damiano Schirru (verletzt) und Marco Ferreira (gesperrt) vermissen Trainer Lussu und die Fans schmerzlich. Die Speldorfer Führung durch Michael Krakala egalisiert Selami Günel vier Minuten vor Schluss. Im Neunmeterschießen hat der VfB das bessere Ende für sich. Krakala verwandelt zum entscheidenden 5:3. Zum dritten Mal in Folge recken die Grün-Weißen den Siegerpokal in die Höhe. Doch nur die VfB-Fans freuen sich riesig, die Spieler treibt es zum Pflichtjubel aufs Teamfoto. „Oberliga – keiner weiß warum“, fragten die Fans der Rot-Weißen zwischendurch, um zu provozieren. Unrecht hatten sie nicht.

Es bleiben Erinnerungen an einen unterhaltsamen Fußball-Nachmittag mit vielen Toren, spannenden Spielen, keinen Ausschreitungen und einigen „Spielern des Turniers“. Die Torjäger-Kanone erhielt Said Kousri von Rot-Weiß, der insgesamt 15 Tore erzielte. Zum besten Torhüter wurde Dennis Porscha gekürt – ebenfalls von Rot-Weiß. Porscha selbst hätte lieber seinem Teamkollegen Selami Günel den Preis überlassen. Im Gruppenspiel gegen Speldorf (0:1) saß Porscha auf der Tribüne. Zweittorwart Daniele Autieri musste beim Stand von 0:1 (9.) verletzt raus. Elf Minuten lang stellte sich Abwehrspieler Günel zwischen die Pfosten – und hielt den Kasten sauber. Kompliment!

Keinen Preis, aber dennoch eine Erwähnung verdient hat Burhan Erkis von Galatasaray, der Zauberer dieser 34. Hallenstadtmeisterschaft.

Im „Schrägen Eck“ kehrte erst nachts um drei Ruhe ein. So lange harrten die Rot-Weiß-Spieler noch aus. Von den Thekenbrüdern gab es die besten Wünsche. „Ihr habt gut gespielt!“, sagten sie immer wieder. Das stimmt! „Stadtmeister der Herzen“ eben.

Auf Seite 2: Stimmen zur Hallenstadtmeisterschaft, alle Mannschaftsaufstellungen, Torschützen sowie alle Ergebnisse und weiteren Fakten

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