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Kyle Berger: Über RW Essen nach Mönchengladbach
Lebensplanung Ruhrgebiet

Ein Stück Heimat: Kyle Berger - Lebensplanung Ruhrgebiet
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Man staunt schon, wenn einem ein US-Amerikaner, der seit seinem siebten Lebensjahr an den kalifornischen Stränden groß wurde, erklärt, er hätte in Essen seine Heimat gefunden. Normalerweise lautet der Wunschtraum, den umgekehrten Weg zu gehen. Nicht bei Kyle Berger.

Der 33-Jährige, gebürtig in Jacksonville (North Carolina), trägt seit dem 1. Oktober 2008 den Titel „Koordinator Frauen- und Mädchenfußball“ - diesen Job hat er bei Borussia Mönchengladbach. Er teilt mit Sven Demandt, U19-Coach, und Christian Weigl, Physiotherapeut, ein Büro.

Die erste Borussia-Frauenmannschaft spielt in der Verbandsliga, Ziel ist der Aufstieg in die Regionalliga mit Coach Oliver Lörsch. Berger: „Das ist ein ganz junges Team, realistisch ist die Vorgabe Zweite Bundesliga im Jahr 2011.“ Der Anreiz ist groß, schließlich ist die Domstadt am Niederrhein auch Austragungsort der WM im gleichen Jahr. Berger: „Wir versuchen, genau diese Welle mitzunehmen. Der Klub nimmt das ernst. Wichtig sind dabei Werte, dass man sich als Familie sieht, diese Außendarstellung ist sehr positiv für die Borussia, es sind viele Väter und Mütter bei den Matches.“ Vor 100 bis 300 Zuschauern, man integriert Spiele der „Ersten“ immer mit Begegnungen des Nachwuchs.

A-Lizenzinhaber Berger wirkte beim SV Straelen in der Oberliga Nordrhein. Dort spielte auch einmal Jos Luhukay, ehemaliger Borussen-Coach, bei dem Berger am Bökelberg sechs Wochen hospitierte. „Wenn ein Bundesligist mit einem solchen Angebot kommt, darf man das nicht ablehnen. Das Borussia-Nachwuchszentrum erhält bessere Noten als das von Bayern München.“

Den Sprung über den großen Teich vollzog der Blondschopf zur Spielzeit 1997/98. Die Anlaufstelle hieß Rot-Weiss Essen, Regionalligist, bei dem er zuvor im Probetraining überzeugte - allerdings war der Traditionsverein damals beim Vorspielen noch eine Klasse höher. Berger erinnert sich: „Ich kam, RWE war abgestiegen, aber wir glaubten damals an den Wiederaufstieg. Für mich war das insgesamt eine wirklich gute Erfahrung.“ Der gesamte Kontakt lief auch über RWE-Legende Willi „Ente“ Lippens, damals Sportlicher Leiter, auf dessen Bauernhof Berger auch wohnte - was ganz nachhaltige Konsequenzen für seine Lebensplanung haben sollte. Berger: „Meine ganzen Freunde in den USA sagten damals schon voraus, der Kyle kommt nie wieder. Sie hatten Recht. Ich bin halt verrückt nach Fußball, ich wäre damals auf den Mond gewechselt, wenn man dort gekickt hätte.“

Damals fuhr Berger immer mit dem Fahrrad zum Training oder Treffpunkt. Der US-Boy sorgte dafür, dass er ständig mit deutscher Sprache konfrontiert wurde. „Ich habe den Kollegen immer gesagt, sie sollen Deutsch mit mir sprechen. Dazu habe ich deutsche Filme gesehen, die ich schon im Englischen kannte, so wusste ich, um was es geht.“ Wenn er nicht den Ball trat, half er bei Lippens auf dem Hof. Berger grinst: „Ich stand öfter hinter der Theke und habe Bier gezapft.“ Dort lernte er auch seine Frau kennen - und blieb im Pott.

Ehemals die USA, jetzt Altenessen, das tiefste Ruhrgebiet, zwischenzeitlich das ostfriesische Emden. „Unser Lebensmittelpunkt ist in Essen, wir sind sehr zufrieden“, legt sich Berger fest. Zuletzt hat sich die gesamte Familie in Virginia Beach gesehen. Der Vater war Soldat und lange auf Hawaii stationiert. „Wir waren dort häufig im Urlaub, da wurden alle Surfer-Klischees erfüllt." Eindrucksvolle Meeresbrandung, die ein Rhein-Herne-Kanal nicht bietet.

Der Sprung nach Europa endete nicht beim großen Fußball - aber beim persönlichen Glück. Berger erinnert sich an seine Spiele: „Alleine die Fans, das ist etwas komplett anderes als in den USA, damals bekam ich sofort eine Gänsehaut, als ich auflief. Wenn Anhänger in den USA ein Fußballspiel schauen, hat man den Eindruck, sie sprechen trotzdem mehr über die Basketballer der LA Lakers. Allerdings ist es jetzt so, dass in der Jugend Soccer die Sportart Nummer eins ist, es spielen mehr Kinder Fußball, als in allen anderen Sportarten zusammen.“ In Deutschland ist Mädchenfußball die boomende Sportart Nummer eins. Auch bei Borussia Mönchengladbach wird man diesem Trend gerecht. Berger: „Der DFB stützt das alles, viele Bundesligavereine werden diesen Weg gehen.“

Mit dem Nahziel, Strukturen für die WM 2011 zu schaffen. Berger: „Für Profitum bei den Frauen ist man noch nicht weit genug. Man muss realistisch bleiben. Vielleicht funktioniert das nach der WM, vielleicht gibt es einen Schneeballeffekt, aber die Schritte werden kleiner.“ Berger wird mit dabei sein. „Es wurde zu meinem Beruf in Europa, es ist richtig geil, morgens zur Arbeit zu gehen.“ Berger ist natürlich auf den Plätzen präsent, zeigt sich auf Lehrgängen, sucht die Gespräche. „Die Borussia-Jacke habe ich immer an.“ Weil er seinen Beruf als Berufung sieht. „Ich bin jetzt seit meinem 14. Lebensjahr Trainer, Menschen stehen vor dir und machen große Augen. Aufbauarbeit ist sehr befriedigend. Zuletzt habe ich zwei Anrufe erhalten von Spielern, die ich bei BVA trainierte.“

Auf Altenessener Asche, nicht am kalifornischem Sandstrand, der ihn auch bei einem erneuten Abstecher als Sportdirektor bei California Odyssey SC (2005/2006) nicht mehr band. Mit der Borussia will er in Klasse zwei, parallel hat er noch einen Traum. Berger schmunzelt: „Ich hatte immer das Ziel, irgendwann ein Nationalteam zu trainieren. Beim A-Lizenz-Lehrgang hat uns DFB-Trainer Ralf Peter nach unseren Plänen gefragt. Ich habe genau dieses Antwort gegeben. Man muss doch Ziele habe, egal welche.“

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